Das FBI hat mehr als zwei Dutzend Fälle möglicher Misshandlungen von Häftlingen im US-Camp auf Kuba dokumentiert.
Die Unterlagen basieren auf der Befragung von insgesamt 493 FBI-Beamten, wie aus einem Bericht hervorgeht, den das FBI am Dienstag auf Antrag der Amerikanischen Union für Bürgerrechte (ACLU) veröffentlichte. Dabei wurde 26 Mal bestätigt, dass in dem Gefangenenlager auf Kuba gegenüber Häftlingen aggressives Verhalten beobachtet worden sei, das nicht mit den geltenden Regeln im Einklang gestanden habe.
Beschrieben wird unter anderem, dass der Kopf eines Gefangenen mit Klebeband eingewickelt wurde, um ihm am Rezitieren von Koranversen zu hindern. Ein anderer Häftling soll so lange in einem heißen Raum ohne Lüftung festgehalten worden sein, bis er sich vor Verzweiflung die Haare ausriss. Ferner soll ein weibliches Mitglied des Wachpersonals einen Inhaftierten sexuell gedemütigt haben.
Misshandlungen von Rumsfeld gebilligt?
Verantwortlich für die
Misshandlungen waren dem Bericht zufolge sowohl Militärbeamte als auch die
privaten Wachdienste in Guantanamo. Einige von ihnen erklärten den
FBI-Beamten, dass die Verhörpraktiken von Vertretern des
Verteidigungsministeriums gebilligt worden seien, darunter dem früheren
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. In keinem Fall aber seien Exzesse
beobachtet worden wie einst im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib, hieß es in dem
Bericht.
Zum Teil waren die dokumentierten Fälle schon bekannt. Ein Pentagon-Sprecher verwies darauf, dass in zahlreichen Untersuchungen über den Betrieb von Gefangenenlagern keine Anweisungen zutage getreten seien, die Misshandlungen billigten. Der Vorsitzende des Justizausschusses im neu gewählten Senat, der demokratische Politiker Patrick Leahy, sagte, die Behandlung von Gefangenen werde im Kongress künftig eine wichtige Rolle spielen.
Die FBI-Unterlagen hat die Bürgerrechtsunion für ihren Rechtsstreit im Interesse der Misshandelten angefordert. ACLU hat wegen der Vorfälle in Guantanamo den früheren Verteidigungsminister Rumsfeld verklagt. US-Präsident George W. Bush hat im Oktober aggressive Verhörmethoden per Gesetz genehmigt, diese aber nicht näher definiert. ACLU-Anwalt Jameel Jaffer sagte, die Unterlagen zeigten, dass eine schärfere Kontrolle seitens des Kongresses nötig sei.
Australische Politiker fordern Besuchserlaubnis
Unterdessen haben
australische Politiker bekräftigt, zu dem in Guantanamo festgehaltenen
Australier David Hicks vorgelassen zu werden. "Wir werden in diesem Jahr
erneut versuchen, eine Erlaubnis zu bekommen", sagte eine Senatorin aus dem
Bundesstaat des Häftlings, South Australia, Natasha Stott Despoja. Der
Politikerin war zuvor ein Besuch bei dem so genannten australischen Taliban
verweigert worden. Der 31-jährige konvertierte Muslim wurde Ende 2001 in
Afghanistan festgenommen. Hicks wird beschuldigt, auf Seiten der Taliban
gegen die US-Truppen gekämpft zu haben.
Die Inhaftierung des Australiers in Guantanamo Bay, die nächste Woche in das fünfte Jahr geht, wird für die konservative australische Regierung von Ministerpräsident John Howard zunehmend zu einer Belastung. Bisher weigerte sich Howard, sich in Washington für eine Freilassung Hicks' einzusetzen. Am Sonntag räumte er aber ein, dass die Akzeptanz für die Inhaftierung des Australiers von Tag zu Tag schwinde.