Angeblich hat ein Sprecher der Erdogan-Regierung die Aktionen bestätigt.
Die türkische Armee geht weiter gegen die kurdische PKK-Guerilla im Nordirak vor. Die Luftwaffe hat nach Presseberichten vom Mittwoch schon am Sonntag PKK-Stellungen in dem Nachbarland bombardiert. Die Tageszeitung "Hürriyet" berichtete, die F-16-Maschinen seien bis zu 50 Kilometer tief in den irakischen Luftraum vorgedrungen und hätten Rebellenstützpunkte mehrfach beschossen. Mit einer Invasion wurde gleichwohl nicht gerechnet. Namens der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft forderte Europastaatssekretär Manuel Lobo Antunes die irakische Regierung auf, gegen die Aktivitäten von PKK-Rebellen tätig zu werden. "Es geht nicht an, dass von irakischem Gebiet aus Terroranschläge auf die Türkei verübt werden", sagte er vor dem Europaparlament in Straßburg. Nach türkischen Angaben schloss der irakische Staatspräsident Jalal Talabani, selbst Kurde, mittlerweile eine Auslieferung von PKK-Kämpfern an Ankara nicht mehr aus.
2. und 3. November nächste Irak-Konferenz
Am 2. und 3.
November soll in Istanbul die nächste internationale Irak-Konferenz
stattfinden, an der die Außenminister der Nachbarstaaten des Irak sowie der
fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates teilnehmen sollen. Kurz
danach wird der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in
Washington erwartet. Nach Ansicht von politischen Beobachtern dürfte die
Türkei diese Begegnungen nutzen, um die USA dazu zu bringen, die Aktivitäten
kurdischer Extremisten im Irak zu unterbinden. Washington ist bei den
Behörden der autonomen Kurdenregion im Nordirak bereits entsprechend
vorstellig geworden. Der Verwaltungschef Massud Barzani hat die PKK-Rebellen
in einer am Mittwoch in Arbil verbreiteten Erklärung erstmals aufgerufen,
den bewaffneten Kampf gegen die Türkei einzustellen und das irakische
Territorium nicht für Angriffe auf den Nachbarn zu benutzen. Noch im April
hatte Barzani öffentlich gedroht, die Kurden in der Türkei aufzustacheln,
falls sich Ankara in den Streit um die nordirakische Ölstadt Kirkuk
einmischen sollte.
EU-Komission will friedliche Lösung
Die EU-Kommission hat
die Türkei zu einer friedlichen Lösung des Konflikts aufgerufen. Ankara
müsse das Problem in Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung und unter
Einhaltung der Normen des Völkerrechts regeln, forderte
Erweiterungskommissar Olli Rehn vor dem Europaparlament in Straßburg. Die
Türkei und die EU seien schließlich beide für die "Unabhängigkeit, die
Souveränität und die territoriale Unversehrtheit des Irak", fügte er hinzu.
Der EU-Kommissar zeigte zugleich Verständnis für das Votum des türkischen
Parlaments, das dem Militär eine einjährige Vollmacht für Einsätze im
Nordirak erteilt hat. Dieser Beschluss sei Teil einer "breiteren politischen
Strategie", sagte der Finne. Die Türkei sei offensichtlich bemüht, die USA
und den Irak bei der Suche nach einer Lösung mit einzubeziehen. Auch sei der
Kampf der Türkei gegen die Rebellen aus Sicht der EU "verständlich", so
Rehn. Er erinnerte daran, dass die in der Türkei verbotene PKK auch auf der
EU-Liste der terroristischen Vereinigungen steht.
Irak schließt alle PKK-Büros
Angesichts des Drucks aus
Ankara ordnete der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki die Schließung
aller PKK-Büros im Irak an. Die Regierung werde den kurdischen Rebellen auch
nicht länger erlauben, auf irakischem Territorium zu agieren, hieß es. Der
türkische Außenminister Ali Babacan, der am späten Dienstagabend aus Bagdad
zurückkehrte, forderte, dass der Irak kurdische Rebellenführer verhaften und
an die Türkei ausliefern müsse.
EU ist unzufrieden mit türkischem Reformtempo
Die EU ist
unzufrieden mit dem Reformtempo in der Türkei und hat von Ankara "erhebliche
Änderungen" in der Gesetzgebung vor allem im Bereich Rede- und
Meinungsfreiheit verlangt. Die Türkei müsse das EU-Mitglied Zypern
anerkennen sowie religiöse und kulturelle Freiheiten und die Frauenrechte
gewährleisten, verlangte der portugiesische Europastaatssekretär vor dem
Europäischen Parlament in Straßburg. Auch eine bessere demokratische
Kontrolle der Streitkräfte sei vonnöten, betonte er.