Die ETA hat die Waffenruhe offenbar genutzt, um ihr Waffenlager aufzufüllen. Spanische Rettungskräfte haben das zweiten Todesopfers des jüngsten Anschlages geborgen.
Als José Luis Rodríguez Zapatero fünf Tage nach dem Anschlag der ETA den Madrider Flughafen besuchte, sah er nicht nur die Ruine eines Parkhauses. Der spanische Ministerpräsident stand quasi auch vor den Trümmern seiner Anti-Terror-Politik. Die Autobombe, die die baskische Untergrundorganisation in dem Gebäude gezündet hatte, bedeutete nicht nur das Ende einer neunmonatigen "Waffenruhe" der ETA, sondern auch des Friedensprozesses im Baskenland. Aber damit nicht genug: Es stellt sich heraus, dass die ETA die vergangenen Monate zu einer Aufrüstung genutzt hat.
Zweites Opfer geborgen
Die Leiche des zweiten Toten - ebenfalls
ein Ecuadorianer - war am Mittwoch geborgen worden. Mit dem Anschlag hatte
die ETA ihre im März 2006 ausgerufene Waffenruhe gebrochen. Die spanische
Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez
Zapatero (PSOE) setzte im Gegenzug ihre Friedensgespräche mit der
Organisation aus.
ETA-Arsenale mit Sprengstoff gefüllt
Die Separatisten waren
während ihrer "Waffenruhe" nicht untätig, sondern
entwickelten im Gegenteil eine frenetische Aktivität. Sie füllten ihre
Arsenale mit Sprengstoff und Pistolen und verhalfen der zuletzt arg
geschwächten Organisation zu einer neuen Infrastruktur von Verstecken und
Terrorzellen. Dabei verlegte die ETA, wie die Zeitung "El País"
berichtete, ihre Kommandozentralen vom Südwesten Frankreichs weiter in das
Landesinnere, nachdem in letzter Zeit im grenznahen Gebiet mehrere
Mitglieder festgenommen worden waren. Polizeiexperten gehen davon aus, dass
die ETA über mehrere Tonnen Sprengstoff verfügt und etwa 150 Mann unter
Waffen hat.
Anschlag an Heilig Abend geplant
Die jüngste Entdeckung einer
100-Kilogramm-Bombe im Baskenland deutet darauf hin, dass die ETA
ihren Anschlag auf dem Madrider Flughafen möglicherweise schon für den
Heiligen Abend geplant hatte. Die am Donnerstag in Atxondo bei Bilbao
unschädlich gemachte Bombe sollte, so nehmen die Ermittler an, ursprünglich
beim Anschlag in Madrid verwendet werden. Das Handy, mit dem die ETA ihre
Bombenwarnung durchgab, war am 23. Dezember freigeschaltet worden. An diesem
Tag entdeckte die Polizei bei Atxondo jedoch ein ETA-Waffenversteck. Dies
bewog die ETA nach Ansicht der Ermittler möglicherweise dazu, den Anschlag
auf den Flughafen um knapp eine Woche zu verschieben und eine andere
Autobombe einzusetzen.
Regierung übersieht Anzeichen für Aufrüstung
Die
Spanier fragen sich nun: Wie konnte die Zapatero-Regierung all die Anzeichen
für eine Aufrüstung der ETA übersehen oder als unbedeutend abtun? Dabei
hätte Madrid gewarnt sein sollen: Die ETA hatte bereits ihre "Waffenruhe"
1998/99 zu einer Reorganisation und einer Aufstockung der Arsenale genutzt.
Französische Polizeiexperten hatten laut "El País"
schon vor Wochen gewarnt: "Die ETA organisiert neue Kommandos von
jungen Leuten, die nicht in den Fahndungslisten stehen. Wir sind überzeugt,
dass die ETA jederzeit zuschlagen kann. Das wird sie auch tun, wenn sie sich
stark genug fühlt und sich vor dem polizeilichen Zugriff sicher wähnt."
"Die Regierung ist wie gelähmt"
Zapatero räumte
bisher weder Fehler ein noch erklärte er seine Anti-Terror-Politik für
gescheitert. Die konservative Opposition argwöhnt, dass er die Hoffnung auf
eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses insgeheim noch nicht ganz
aufgegeben hat. Die konservative Presse übt heftige Kritik an der Haltung
des Regierungschefs. "Zapatero gibt mit seinen pazifistischen
Erklärungen ein Bild der Schwäche gegenüber der Terrorbande ab",
schrieb die Zeitung "El Mundo". Das Konkurrenzblatt "ABC"
meint: "Die Regierung ist wie gelähmt."