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Gusenbauer gegen Volksabstimmung über EU-Vertrag

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Bundeskanzler Gusenbauer geht von einer raschen Einigung in Lissabon aus. Gegenüber ÖSTERREICH sprach er sich gegen eine Volksabstimmung aus.

ÖSTERREICH: Welche Vorteile haben Bürger vom Reformvertrag?
Alfred Gusenbauer: Es ist eine rechtsverbindliche Grundrechts-Charta, welche die Rechtsposition der Bürger entscheidend verbessert. Beispielsweise sind in der österreichischen Verfassung, die eine rein politische ist, soziale Grundrechte nicht enthalten. In der Grundrechtscharta auf europäischer Ebene sind diese sozialen Grundrechte normiert. Hier wird den Bürgern auf EU-Ebene zugesichert, was in der österreichischen Verfassung noch nicht zugestanden wird.

Warum ist keine Volksabstimmung nötig?
Aus drei Gründen: Es handelt sich um einen ganz normalen EU-Vertrag. Auch alle anderen Verträge wurden über das Parlament ratifiziert. Zum Zweiten liegt der Forderung nach einer Volksabstimmung die EU-Skepsis der Österreicher zugrunde. Ich glaube, dass diese Skepsis nicht durch eine Volksabstimmung behoben werden kann. Drittens ist es viel wichtiger, dass dieser Vertrag nun die Selbstbeschäftigung Europas beendet. Europa kann sich den wichtigen Themen wie der sozialen Zukunft und dem Klimaschutz widmen. Das wird den Menschen die EU-Skepsis viel mehr nehmen, als eine Volksabstimmung.

Macht der Vertrag die EU fit für die Zukunft, auch was die Erweiterung betrifft? Stichwort Türkei-Beitritt.
Ich glaube, dass der Vertrag durchaus zulässt, dass noch einige Länder wie beispielsweise Kroatien der EU beitreten. Aber sollte ein Türkei-Beitritt auf der Tagesordnung stehen – in 10 oder 20 Jahren – dann wird dieser Vertrag nicht ausreichen.

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