EU-Parlament

H.P. Martin drohen massive Geldrückforderungen

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Der vorläufige Prüfbericht stellt einen höheren Schaden als OLAF fest. Martin: "Man will mich mundtot machen"

Dem EU-Abgeordneten Hans Peter Martin drohen massive Geldrückforderungen aus dem Europaparlament. Wie die APA am Mittwoch erfuhr, stellt ein vorläufiger interner Prüfbericht der für Finanzen zuständigen Generaldirektion des Europaparlaments einen Schaden von mehr als 260.000 Euro fest.

Eine endgültige Entscheidung über Rückzahlungsforderungen an Martin werde "nicht mehr lange dauern", hieß es in Parlamentskreisen. Martin soll aber noch bis Jahresende Zeit bekommen, um Belege zur Aufklärung vorzulegen und Stellung zu nehmen. Martin selbst bezeichnete die Vorwürfe als "Hohn".

Sollte sich die in dem internen Bericht dem Vernehmen nach genannte Schadenssumme bestätigen, könnte des EU-Parlament einen höheren Betrag von Martin zurückfordern, als die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF in einem im September an das Europaparlament übermittelten Untersuchungsbericht ausgemacht hatte. OLAF hatte damals einen finanziellen Schaden von mehr als 192.000 Euro durch regelwidrige Zahlungen im Zusammenhang mit der Verwendung der Sekretariatszulage als EU-Abgeordneter errechnet. OLAF hatte damals die Ansicht geäußert, dass dabei zum Teil der Tatbestand des schweren Betruges nach österreichischem Recht verwirklicht sei.

Dem Vernehmen nach stellt der vorläufige Prüfbericht des Parlaments Unregelmäßigkeiten in drei Bereichen fest: Demnach soll Martin Leistungen ohne Belege empfangen haben, Assistentenverträge nicht abgemeldet haben und finanzielle Mittel auf andere Jahre übertragen haben. Zuletzt war in Parlamentskreisen allgemein erwartet worden, dass das Europaparlament zumindest einen Teil der von OLAF genannten Summe zurückfordern wird.

Der Bericht muss nun vom Generalsekretär des Europaparlaments, Julian Priestley, geprüft werden. Es sei möglich, dass dieser die für Finanzfragen zuständigen Abgeordneten (Quästoren) mit der Causa befasse, hieß es in Parlamentskreisen. Eine endgültige Entscheidung über die Rückzahlungsforderungen an Martin sei eher eine Frage von Wochen als Monaten, hieß es weiter.

Marin sagte am Mittwochabend, ihm sei kein Ergebnis der parlamentsinternen Untersuchungen bekannt. Die kolportierten Vorwürfe gegen ihn seien "absolut nicht nachvollziehbar". Er habe "alles ordnungsgemäß eingereicht", dies sei "nie kritisiert" worden. Seine eigenen "Enthüllungen", wonach Abgeordnete engste Verwandte im Europaparlament beschäftigten oder Europaparlamentarier zuletzt an einer teuren Karibik-Reise teilnahmen, hätten keine Reaktion ausgelöst. "Bei mir sucht man aber irgendwelche Haare in der Suppe", sagte er. "Man will mich mundtot machen."

Der OLAF-Bericht war Ende September an das Europaparlament und die Staatsanwaltschaft Wien weitergeleitet worden. Martin sagte am Mittwoch, er werde eine Stellungnahme im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft im Jänner oder Februar nächsten Jahres abgeben. Sollte die Wiener Anklagebehörde zu dem Schluss kommen, dass ein innerstaatliches Verfahren gegen Martin geboten ist, müsste sie beim EU-Parlament um Aufhebung seiner Immunität ansuchen.

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