Das unstrittene Atomabkommen zwischen den USA und Indien dürfte zustande kommen. Die IAEO gab grünes Licht dafür.
Die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) hat am Freitag das Nuklear-Inspektionsabkommen mit Neu Dehli im Gouverneursrat verabschiedet und damit grünes Licht für den umstrittenen Atomdeal zwischen den USA und Indien gegeben. Indien ist seit 1974 im Besitz der Atombombe, hat aber den Atomwaffensperrvertrag (NPT) nie unterschrieben. Die USA wollen nach 30 Jahren der Blockade nuklearen Handel mit Indien treiben, im Gegenzug muss Neu Dehli Inspektionen seiner zivilen Nuklearanlagen zulassen.
"Gut für die Welt"
"Ich glaube, dass die
Vereinbarung gut für Indien, gut für die Welt und gut für die (nukleare,
Anm.) Nichtweiterverbreitung ist", sagte IAEO-Chef Mohammed ElBaradei im
Anschluss an die entscheidende Sondersitzung des Gouverneursrates nach acht
Monaten der Verhandlungen. "Wir schaffen (damit) eine neue Umgebung der
Partnerschaft und anstatt der Isolation." Dass die IAEO das Abkommen
durchwinkt, kommt einer indirekten Anerkennung Indiens als Atommacht durch
die UN-Atomaufsichtsbehörde gleich. Als anerkannte Atommächte gelten die
NPT-Unterzeichnerstaaten USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich.
Der indische Vertreter bei der IAEO ist dementsprechend zufrieden und hofft nun auf eine Ausnahmegenehmigung für den Atompakt mit den USA, wie er sagte. Die muss die Nuclear Suppliers Group (NSG) erteilen - eine 45 Staaten - darunter auch Österreich - umfassende Organisation, die den Handel mit Atomtechnologie eigentlich nur NPT-Staaten gestattet. Sie soll sich am 21. August erstmals mit dem Wunsch Indiens befassen. Die letzte Hürde für den bereits 2006 unterzeichneten Atompakt stellt der US-Kongress dar.
Aus der Isolation heraus
Während Befürworter betonten, Indien
würde mit dem Atompakt mit Washington und den IAEO-Inspektionen aus seiner
atomaren Isolation geholt und an den Sperrvertrag herangeführt, sahen Gegner
einen gefährlichen Präzedenzfall, der auch anderen nicht anerkannten
Atommächten wie Pakistan und künftig dem Iran eine Bresche schlagen könnte.
So will Islamabad ElBaradei zufolge auf dasselbe Recht wie Indien pochen.
"Pakistan ist in einer ähnlichen Lage wie Indien. Es braucht saubere
Energie", äußerte der IAEO-Chef Verständnis.
Auch die iranische Delegation sprach von einem Präzedenzfall, den die USA für Israel schaffen wollten, das ebenfalls den Aromwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Die von mehreren Ländern im Gouverneursrat der UN-Atombehörde vorgebrachten Einwände - darunter die Schweiz, Irland und Brasilien - dürften jedoch nicht schwerwiegend genug gewesen sein, um eine Abstimmung notwendig zu machen. Das Gremium nahm das Inspektionsabkommen nach einer Debatte im Konsensverfahren an. Auch die österreichische Delegation stimmte entgegen den Forderungen der Grünen für das Schirm-Abkommen. Unbestätigt sind Gerüchte, wonach Wien für seine Haltung von den USA Unterstützung für seine Bewerbung um einen nicht ständigen UN-Sicherheitsratssitz erhält.
Inspektionen
Laut Aussendung des Außenamtes pochte Österreich vor
dem Gouverneursrat darauf,"dass rasch und rechtlich verbindlich festgehalten
wird, welche zivilen Nuklearanlagen konkret der IAEO-Kontrolle unterstellt
werden sollen". Laut dem aktuellen Abkommen obliegt es Indien, jene AKW zu
nennen, die künftig von der IAEO inspiziert werden sollen (daher der Begriff
"Schirm", Anm.). Bisher durften IAEO-Inspektoren nur sechs indische AKW
kontrollieren, bis 2014 sollen es immerhin 14 sein. Die militärische Seite
klammert das Safeguards Agreement gänzlich aus.
Das Abkommen würde die indischen Bedürfnisse befriedigen und zugleich alle IAEO-Standards erfüllen, unterstrich ElBaradei. "Richtig umgesetzt, könnte es eine Menge positiver Konsequenzen haben", wies er insbesondere auf den Klimaschutz hin. "Indien ist jetzt der fünftgrößte Energiekonsument. 2030 wird es der drittgrößte sein. Andere Optionen (als die Kernenergie, Anm.) haben eine Auswirkung auf den Klimawandel", warnte er. Die österreichische Haltung, wonach Nuklearenergie "keine effiziente, saubere und nachhaltige Energieform" darstellt, stieß auch in Indien auf wenig Widerhall.
"Das Abkommen ist für Indien und die Welt gleichermaßen wichtig", meinte der indische IAEO-Botschafter. "Damit können wir zugleich unser Ziel der Energiesicherheit und die Erfordernisse des globalen Klimawandels erfüllen." Die indische Atombehörde und die IAEO führen seit Donnerstag bereits Gespräche über ein Zusatzprotokoll zu dem Abkommen. Angestrebt wird eine Kontrolle der atomaren Ein- und Ausfuhren Indiens.