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Israel billigt Gefangenenaustausch mit Hisbollah

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Nach monatelangen Verhandlungen hat Israel dem von Deutschland vermittelten Gefangenenaustausch mit der Hisbollah-Miliz endgültig zugestimmt.

Danach sollen am Mittwoch um 08.00 Uhr MESZ am Grenzübergang Rosh Hanikra fünf libanesische Gefangene gegen zwei israelische Soldaten ausgetauscht werden. In Israel wird davon ausgegangen, dass die beiden am 12. Juli 2006 entführten Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev wahrscheinlich tot sind.

In Berlin wurden erstmals konkrete Details über die deutsche Vermittlungsrolle bekannt. Danach verhandelte ein erfahrener, von der UNO beauftragter Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) mehr als 18 Monate lang zwischen beiden Seiten. Der Name des Vermittlers, der als "Facilitator" ("Förderer", "Erleichterer") bezeichnet wird, wird nicht genannt. In den Medien kursiert aber schon seit langem der Name Gerhard Conrad. In Berlin hieß es außerdem, die Gespräche zwischen beiden Seiten seien "äußerst mühsam" und schwierig gewesen.

22 zu 3 dafür
Das israelische Kabinett hatte am Dienstag mit 22 zu drei Stimmen für den Häftlingsaustausch gestimmt. Im Rahmen des Austausches will Israel fünf libanesische Häftlinge, darunter den Top-Terroristen Samir Kantar (Kuntar), sowie die Leichen von mehr als 190 libanesischen und palästinensischen Kämpfern übergeben. Außerdem ist die Freilassung mehrerer palästinensischer Häftlinge in Israel geplant. Über die Zahl entscheidet Israel, heißt es in einem internen Papier des deutschen Bundeskanzleramts.

Kantar, der am längsten in israelischer Haft befindliche Araber, sitzt wegen dreifachen Mordes seit 28 Jahren ein. Er hatte 1979 ein palästinensisches Terrorkommando angeführt und ist für den Tod zweier israelischer Polizisten sowie eines Vaters und dessen zweier kleiner Töchter verantwortlich. Der israelische Präsident Shimon Peres wollte noch am Dienstagabend seine Begnadigung unterzeichnen.

Zwei Israelis im Gegenzug
Im Gegenzug soll die Hisbollah die beiden israelischen Soldaten Goldwasser und Regev übergeben. Beide wurden vor zwei Jahren von Hisbollah-Kämpfern aus dem israelischen Grenzgebiet verschleppt. Ihre Entführung hatte den 34 Tage währenden Libanon-Krieg ausgelöst, bei dem 1.200 Libanesen und 160 israelische Soldaten starben. Das Abkommen über den Gefangenenaustausch sah auch vor, dass die Hisbollah weitere Auskünfte über den Verbleib des israelischen Piloten Ron Arad erteilt, der seit 1986 im Libanon vermisst wird.

Der Austausch wird nach israelischen Medienberichten in mehreren Schritten erfolgen. Zuerst werden Goldwasser und Regev übergeben. Sollten beide - wie erwartet - nicht mehr am Leben sein, sollen die Körper sofort identifiziert werden. Erst danach will Israel Kantar sowie die vier anderen Häftlinge übergeben. Zuletzt wird das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in neun Lastwagen die Särge der 199 Toten ausliefern.

"Sieg des israelischen Volkes"
Die Angehörigen von Goldwasser und Regev sollen dann auf einer etwas südlich gelegenen Armeebasis in Nahariya ihre Söhne in Empfang nehmen. Die Billigung des Tausches sei "ein Sieg des israelischen Volkes, nicht der Familien", sagte Miki Goldwasser, Mutter einer der entführten Soldaten. "Dies ist ein Sieg über Hisbollah und (den Hisbollah-Führer Scheich Hassan) Nasrallah." Der Vater von Ehud Goldwasser verlangte eine harte Bestrafung der Hisbollah-Entführer, wenn sein Sohn tatsächlich tot sein sollte. "Wenn sich herausstellt, dass sie (die beiden Soldaten, Anm.) lebend gefangen genommen wurden und starben, weil sie nicht behandelt wurden, heißt das, dass sie getötet wurden", sagte Shlomo Goldwasser in Jerusalem. "Wer immer sie getötet hat, muss den Preis bezahlen." Zvi Regev sagte, er hoffe immer noch, sein Sohn könnte am Leben sein. "Ich hoffe wirklich, dass dieser Alptraum morgen vorbei sein wird", sagte er dem israelischen Rundfunk. "Wir müssen stark sein und es akzeptieren, ob es gut oder schlecht ist."

Kritiker in Israel machten bereits geltend, wenn Israel Häftlinge gegen die Leichen von Soldaten tausche, hätten Entführer künftig wenig Anreiz, Verschleppte am Leben zu lassen. Bauminister Zeev Boim, der gegen den Austausch stimmte, erklärte, damit könnte es für Israel schwerer werden, den von der palästinensischen Hamas entführten Soldaten Gilad Shalit freizubekommen.

In der neuen libanesischen Allparteienregierung, in der sie zusammen mit ihren Verbündeten über eine Sperrminorität verfügt, ist die Hisbollah durch Arbeitsminister Mohammed Fneich und weitere Funktionäre vertreten. Der schiitische Außenminister Faouzi Salloukh gilt als Vertrauensperson der Hisbollah.

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