Die Frau war in den 50ern Opfer eines CIA-Wahrheitsdrogen-Programms und wirft dem Staat Komplizenschaft bei den Versuchen vor.
Kanada droht eine millionenschwere Sammelklage wegen der angeblichen Unterstützung eines CIA-Forschungsprogramms zur Bewusstseinskontrolle während des Kalten Kriegs. Die Kanadierin Janine Huard beantragte vor einem Bundesgericht in Montreal die Zulassung einer Klage gegen die kanadische Regierung, wie ihr Anwalt Alan Stein am Freitag sagte. Huard wirft dem kanadischen Staat Komplizenschaft bei den Versuchen des US-Geheimdienstes vor, eine Wahrheitsdroge zu entwickeln. Die Regierung in Ottawa hatte die von dem Wissenschaftler Ewen Cameron am Allan Memorial Institute der McGills University in Montreal geleiteten Experimente in den Jahren 1950 bis 1965 teilweise mitfinanziert, wie Stein sagte.
"Experimentelle Drogen und Elektroschocks"
Huard, die
in den 50er Jahren gegen ihren Willen "experimentelle Drogen und
Elektroschocks" verabreicht wurden, bezeichnete die Versuche als "Folter".
Außerdem sei sie Elektrokrampftherapien, Psychotests und Psychodrogen wie
LSD ausgesetzt worden. In einem stockdunklen Raum wurde ihr nach eigenen
Angaben eine Woche lang bis zu sieben Stunden täglich ein Tonband
vorgespielt: Die Tonbandstimme habe ihr vorgeworfen, eine schlechte Mutter
zu sein, die ihre Kinder vernachlässige, sagte sie. Huard musste die
Versuche nach einer Krankenhauseinweisung wegen Wochenbettdepressionen über
sich ergehen lassen. Nach den Versuchen sei sie zehn Jahre lang nicht mehr
in der Lage gewesen, selbst für ihre Kinder zu sorgen und habe die Hilfe
ihre Mutter benötigt.
Skandal erst in den 70er Jahren aufgedeckt
Nach Untersuchungen
des US-Kongresses waren insgesamt 30 Universitäten und Institutionen an dem
so genannten MK-Ultra-Projekt der CIA beteiligt. MK ist eine Ableitung von
Mind Control (Bewusstseinskontrolle). Das Programm, bei dem auch mehrere
Menschen gestorben sein sollen, lieferte demnach jedoch kaum verwertbare
wissenschaftliche Daten. Es wurde erst in den 70er Jahren bekannt. Der
gebürtige Schotte Cameron war einer der Pioniere auf dem Feld der "Gehirnwäsche"
und wurde in den 50er Jahren von der CIA angeworben.
250 Testpersonen blieben ohne Entschädigung
Die kanadische
Regierung wies in der Vergangenheit eine Verantwortung in der Angelegenheit
zurück, bot etwa 70 Test-Opfern Anfang der 90er Jahre jedoch nach
offizieller Version aus Anteilnahme an ihrem Schicksal je 100.000 Dollar
(77.500 Euro) Entschädigung an. Weiteren rund 250 Testpersonen wurde wegen
zu geringer Verletzungen eine Entschädigung versagt. Huard erhielt aus
Mitteln der CIA 66.000 Dollar, von Kanada jedoch nichts, wie ihr Anwalt
sagte. Im Jahr 2004 verurteilte ein kanadisches Gericht die Regierung in
Ottawa zur Entschädigung eines der 250 Opfer, die kein Geld erhalten
sollten. Huard habe damals den Entschluss zu ihrer Klage gefasst, wie der
Anwalt weiter sagte. Regierungsanwälte argumentieren, ihre Klage komme zu
spät.