Verfassungswidrig

Keine Wahlcomputer bei deutscher Parlamentswahl

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Wahl-Manipulationen wären bei der Wahl per Computer nur schwer überprüfbar, die Geräte widersprächen außerdem dem Grundsatz der Öffentlichkeit.

Das deutsche Verfassungsgericht hat den Einsatz der seit zehn Jahren gebräuchlichen Wahlcomputer gestoppt. Die Geräte widersprächen dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, heißt es in einem Urteil vom Dienstag. Die elektronische Auszählung der Stimmen sei vom Wähler nicht kontrollierbar gewesen, entschied das höchste Gericht in Karlsruhe. "Jeder Bürger muss die zentralen Schritte der Wahl ohne besondere technische Vorkenntnisse zuverlässig nachvollziehen und verstehen können", hielt es fest. Weil jedoch keine Hinweise auf Manipulation vorlägen, bleibe die Bundestagswahl 2005 gültig - der "Bestandsschutz" der gewählten Volksvertretung habe Vorrang.

Keine generelle Ablehnung
Zwar hat der Zweite Senat den Gebrauch von Wahlcomputern nicht vollständig ausgeschlossen. "Auch Internetwahlen hat das Gericht keinen endgültigen verfassungsrechtlichen Riegel vorgeschoben", sagte Vizepräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Die Vorschrift des Bundeswahlgesetzes, die "Wahlgeräte" zulässt, bleibt in Kraft.

Maniuplationen nur schwer erkennbar
Die darauf beruhende Verordnung wurde jedoch gekippt, weil die in Deutschland üblichen Geräte der niederländischen Firma Nedap die Stimmen ausschließlich elektronisch erfassen und speichern. Programmierfehler oder zielgerichtete Manipulationen seien deshalb nur schwer erkennbar, so das Gericht. Nedap-Computer wurden in Deutschland erstmals bei der Europawahl 1999 und zuletzt im September 2008 bei der Kommunalwahl in Brandenburg eingesetzt.

Computer können strenge Anforderungen nicht erfüllen
Geklagt hatten der Physiker Ulrich Wiesner und sein Vater Joachim Wiesner, ein emeritierter Politikwissenschaftler mit Erfahrungen als Wahlbeobachter im Ausland. Sie zeigten sich durch das Urteil vollauf bestätigt. Joachim Wiesner vertrat die Ansicht, Computer würden nie in der Lage sein, die strengen Anforderungen des Verfassungsgerichts zu erfüllen. "Deshalb wird es keine Wahlcomputer mehr geben", mutmaßte der Beschwerdeführer.

Wahlhandlung und Wahlergebnis müssen überprüfbar sein
Der Grundsatz, dass Wahlhandlung und Wahlergebnis öffentlich überprüfbar sein müssen, folgt laut Gericht aus dem Demokratieprinzip. Herkömmliche Stimmzettel können dem Urteil zufolge nur mit erheblichem Einsatz und hohem Entdeckungsrisiko gefälscht werden - bei der Papierwahl kann der Wähler die Auszählung im Wahllokal mit eigenen Augen verfolgen.

Dagegen seien Fehler oder Fälschungen bei elektronischen Geräten nur schwer erkennbar und hätten - etwa bei Softwarefehlern in sämtlichen eingesetzten Geräten - große Breitenwirkung. Die Stimmen müssten daher neben der elektronischen Speicherung auch anderweitig erfasst werden, etwa durch einen separaten Ausdruck des elektronischen Stimmzettels.

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