Die deutsche Regierung rief zu einem "Kraftakt" gegen die Wirtschaftskrise auf, der Staat könne die Konjunktur nicht alleine stützen.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) haben zu einem nationalen Kraftakt gegen die schwere Wirtschaftskrise aufgerufen. Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften müssten an einem Strang ziehen. "Es kommt darauf an, dass wir gemeinsam Verantwortung übernehmen", sagte Merkel am Sonntag in Berlin vor dem Spitzentreffen mit Topmanagern, Verbänden und Ökonomen. Die deutsche Bundesregierung könne die Konjunktur nicht allein stützen. Steinmeier warb ebenso für gemeinsames Handeln. Der Staat müsse gezielt entlasten. Beschlüsse wurden von dem Treffen nicht erwartet.
Deutschland langfristig stärken
Merkel sagte, die
"schwierigen Monate, die vor uns liegen", könnten am besten gemeinsam
bewältigt werden. Die Regierung wolle im Jänner entscheiden, ob weitere
Maßnahmen gegen die Krise erforderlich seien. Die Kanzlerin kündigte an,
noch in dieser Woche mit den Ministerpräsidenten über das Vorziehen von
Investitionen in die Infrastruktur zu beraten. "Alles, was wir im nächsten
Jahr tun, sollte langfristig Deutschland stärken und kein Strohfeuer sein."
2009 darf nicht "Jahr der Entlassungen" werden
Steinmeier
betonte, jeder Euro müsse 2009 sinnvoll für Beschäftigung ausgegeben werden.
"Das darf nicht das Jahr der Entlassungen werden." Er appellierte an die
Unternehmen, Beschäftigte so lange wie möglich zu halten und nicht voreilig
zu kündigen. Die Sicherung von Arbeitsplätzen und die schleppende
Kreditvergabe der Banken waren Hauptthemen des Treffens im Kanzleramt.
Zuvor hatte Bundespräsident Horst Köhler eine gemeinsame Kraftanstrengung gefordert und zu einer neuen "konzertierten Aktion" aufgerufen. Mit diesem Ausdruck griff das Staatsoberhaupt einen Begriff aus den späten 60er Jahren auf. Damals hatte sich die Große Koalition mit Wirtschaft und Gewerkschaften regelmäßig getroffen, um die erste Nachkriegsrezession in den Griff zu bekommen. Auch Merkel setzt auf weitere Treffen.
Zusammenarbeit von allen Akteuren der Gesellschaft
Merkel nannte
die Runde den "Ausgangspunkt einer sehr engen Zusammenarbeit mit allen
Akteuren in unserer Gesellschaft". Neben Bundesministern,
Bundesbank-Präsident Axel Weber und den Vorsitzenden der großen
Gewerkschaften nahmen auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Siemens-Chef
Peter Löscher und Telekom-Boss Rene Obermann teil. Hinzu kamen Ökonomen wie
der "Wirtschaftsweise" Bert Rürup.
SPD-Chef Franz Müntefering forderte Infrastruktur-Investitionen. Bei Straßen, Brücken, Kindergärten und Krankenhäusern liege "eine Menge Arbeit, die wir tun können", sagte er beim Landesparteitag der hessischen SPD in Alsfeld. Wie Merkel erteilte Müntefering CSU-Forderungen nach einer raschen Steuerreform eine Absage.
Pro und Contra Steuerentlastungen
Bayerns Ministerpräsident und
CSU-Chef Horst Seehofer hielt dagegen. Schnelle Steuerentlastungen für alle
Bürger seien bitter nötig. CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg
sagte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt": "Klar und
hartnäckig bestehen wir auf diesen Steuersenkungen, weil wir es für den
richtigen Weg halten."
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) schloss schnelle Steuersenkungen in der "Bild am Sonntag" dagegen aus. Linksparteichef Oskar Lafontaine warf der Koalition Tatenlosigkeit vor. "Die Arbeitsplätze gehen verloren, aber die Koalition handelt nicht." Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte in der "Rheinischen Post" (Montag) eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, "weil dadurch alle Arbeitnehmer entlastet werden".
2. Konjunkturpaket in Vorbereitung
Laut "Wirtschaftswoche"
bereitet die Berliner Regierung bereits ein zweites Konjunkturpaket im
Umfang von mindestens 30 Milliarden Euro vor. Kernpunkte seien die
Beseitigung der "kalten Progression" im Steuerrecht, die Senkung der
Krankenkassenbeiträge durch einen höheren Zuschuss zum Gesundheitsfonds und
Steuerschecks für Arme. Bisher hat die Koalition Entlastungen - inklusive
Pendler-Rückzahlungen - für Bürger und Wirtschaft von 38,5 Milliarden Euro
auf den Weg gebracht. Einen Bericht, die Regierung rechne 2009 mit einem
Einbruch der Wirtschaftsleistung von 2,0 Prozent, wies Wirtschaftsminister
Michael Glos (CSU) zurück. Offiziell erwartet die Regierung weiter ein
Mini-Wachstum von 0,2 Prozent.