Da er "keine Gefahr für die Gesellschaft" darstellt, weigert sich Litauen einen verurteilten Kriegsverbrecher einzusperren.
Ein Berufungsgericht in der litauischen Hauptstadt Vilnius hat die Inhaftierung eines in Deutschland lebenden NS-Kriegsverbrechers abgelehnt. Nach Medienberichten vom Montag wiesen die Richter den Antrag der Staatsanwaltschaft ab, den 87 Jahre alten Algimantas Mykolas Dailide in Haft nehmen zu lassen. Er war im März 2006 wegen Mitwirkung an der Vernichtung der litauischen Juden während des Zweiten Weltkrieges schuldig gesprochen worden, ohne dass das Gericht aber eine konkrete Strafe verhängte.
Keine Gefahr für Gesellschaft
Die Staatsanwalt scheiterte
mehr als zwei Jahre später auch mit ihrem Antrag, eine fünfjährige
Gefängnisstrafe durchzusetzen. Das Gericht bestätigte eine Entscheidung aus
erster Instanz, wonach die Nummer neun auf der Liste der meistgesuchten
Nazi-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem wegen
seines Alters und schlechten Gesundheitszustandes "keine Gefahr für die
Gesellschaft darstellt".
Israel verlangt Inhaftierung
Der Litauer hatte 1941 bis 1944
während der Herrschaft des nationalsozialistischen Deutschland für den
Geheimdienst seines Landes gearbeitet und war an der Festnahme von Juden
beteiligt, die danach ermordet wurden. Er machte auch Jagd auf Juden, die
aus dem Ghetto in Vilnius geflüchtet waren. Der Staat Israel verlangte von
Litauen noch in diesem Jahr seine Inhaftierung. Dailide lebte ab 1950 in den
USA und wurde 2003 wegen seiner Mitwirkung am Holocaust ausgewiesen. Er
wohnt in Deutschland.