Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland sollen vertieft werden.
Barock und pompös war die Kulisse des deutsch-russischen Gipfeltreffens. Die vielfotografierte Harmonie der Architektur in Schloss und Garten ließ sich aber inhaltlich nicht immer aufrechterhalten beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Dmitri Medwedew am Donnerstag im Schloss Schleißheim bei München. Nach dem Gespräch unter vier Augen zerstreuten sich Hoffnungen, dass Medwedew Schiffbau-Aufträge für die insolvente Wadan-Werft in Rostock und Wismar mitbringen würde oder sogar einen neuen Investor als Retter für die 2.500 Werft-Arbeiter und den Wadan-Eigentümer Andrej Burlakow.
Auch die stockenden Verhandlungen der Opel-Mutter General Motors mit dem kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna und der russischen Sberbank waren Thema zwischen Merkel und Medwedew. Es gebe "ausgezeichnete Perspektiven", aber auch noch "etliche Fragen zu klären", sagte Merkel.
"Nicht nur Worte, auch Taten"
Aber es gab "nicht nur
Worte, sondern auch Taten", wie die Kanzlerin sagte: Manager aus beiden
Ländern unterschrieben eine Reihe von Verträgen. Die Frankfurter
Flughafengesellschaft Fraport soll den Airport von Sankt Petersburg auf
Vordermann bringen. Siemens will jährlich 100 Lokomotiven in Jekaterinburg
bauen. Die Deutsche Bahn und die russische Bahn RZD schlossen eine
Vereinbarung über ein Kompetenzzentrum Logistik in Sankt Petersburg.
Auch Geld gab es. So bekommt Russland von der bundeseigenen KfW-Bank Bürgschaften über 500 Millionen Euro "zur Absicherung deutscher Exporte in strategische und innovative Bereiche der russischen Wirtschaft". Damit kann die ehemalige Supermacht in Deutschland wieder einkaufen gehen. Kreditverträge der KfW über 73 Millionen US-Dollar mit russischen Partnerbanken wurden ebenfalls unterzeichnet.
Die Russisch-Deutsche Energie-Agentur (rudea) wurde beim Gipfel ebenfalls gegründet. Sie soll "die Entwicklung rationeller und umweltschonender Energiegewinnung, -umwandlung und -nutzung in Russland unterstützen".
Außerdem kann das Schloss Peterhof bei Sankt Petersburg, das Schleißheim hinsichtlich Prunk und Barock in nichts nachsteht, seine Geländer und Balkone wieder mit den original vergoldeten Adlern schmücken - Kulturstaatsminister Bernd Neumann gab diese und andere metallene Vögel, die ein Wehrmachtssoldat im Krieg hatte mitgehen lassen, zurück.
"Der Wirtschaftsbereich ist das Rückgrat der deutsch-russischen Beziehungen", sagt Margarete Klein, Russland-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Rund 4.500 deutsche Firmen sind in Russland tätig. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner." Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen 68 Milliarden Euro - doch inzwischen rollt der Rubel nicht mehr so schnell. Die russische Wirtschaft ist doppelt so stark eingebrochen wie die deutsche. Und Moskau versuche immer mehr, seine Industrie durch protektionistische Mauern zu schützen, beklagt der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft.
Belastete Partnerschaft
Trotz vieler Worte von Freundschaft und
Partnerschaft belastet die Beziehungen auch eine ganze Reihe von politischen
Problemen:
- Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Russland entsprechen noch lange nicht den EU-Standards. Über den Mord an der Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa zeigten sich Merkel und Medwedew dennoch gleichermaßen empört.
- "Der Georgienkrieg 2008 hat zu einer ernsten Vertrauenskrise geführt, die noch nicht ganz überwunden ist. Das Verhältnis ist aber deutlich entspannter als vor einem Jahr", sagt Klein.
- Bei Forderungen nach einer härteren Gangart gegen Iran oder Nordkorea in Sachen Atom gehört Russland zu den Bremsern.
- Beim Klimaschutz hat Russland auf dem jüngsten G-8-Gipfel in L'Aquila in Sachen Emissionsziele ambivalent agiert.
- Russland ist der wichtigste Gasversorger Deutschlands und der EU. Aber im Jänner drehte Moskau den Gashahn in den Westen zu, weil es wegen offener Rechnungen mit der Ukraine über Kreuz lag. Experten befürchten, dass das jederzeit wieder passieren kann.