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Rechtsruck blieb aus

Nach Spanien-Wahl: Jetzt droht Patt im Parlament

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Spanien steuert nach der Parlamentswahl auf ein Patt von rechtem und linkem Lager zu.  

Der erwartete Rechtsruck blieb am Sonntag aus. Weder das linke Lager um Ministerpräsident Pedro Sanchez noch die Rechte um den Herausforderer Alberto Nuñez Feijoo kam auf eine absolute Mehrheit im Parlament.

Feijoos konservative Volkspartei (PP) gewann zwar deutlich hinzu und wurde stärkste Partei, erreichte aber auch zusammen mit der als möglichem Partner gehandelten rechtspopulistischen Partei Vox und einer weiteren Partei keine Mehrheit im Parlament. Diese Parteien erhalten nach Auszählung fast aller Stimmen zusammen 170 der 350 Sitze. Umfragen zufolge war erwartet worden, dass Vox als Unterstützer der PP als erste Rechtsaußenpartei seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975 direkten Einfluss auf das Regierungshandeln erhalten würde. Feijoo erklärte sich zum Wahlsieger. Er sei zum Dialog bereit, um eine Regierung auf die Beine zu stellen.

Nuñez Feijoo
© Getty Images
× Nuñez Feijoo
Herausforderer Alberto Nuñez Feijoo 

Sanchez: "Der reaktionäre Block ist gescheitert"

Sanchez' Sozialisten (PSOE) wurden mit leichten Zugewinnen zweitstärkste Kraft. Für eine Regierungsbildung wären auch sie auf die Unterstützung weiterer Parteien angewiesen. Jedoch zeichnete sich dafür mit insgesamt 172 Mandaten ebenfalls keine Mehrheit ab. Sanchez zeigte sich dennoch erleichtert. "Der reaktionäre Block ist gescheitert", sagte er am Abend vor jubelnden Anhängern in Madrid. Vox ist dafür, illegal eingewanderte Migranten auszuweisen und will unter anderem Gesetze zu Abtreibung und Transgender-Rechten aufheben.

Die Volkspartei erhält 136 Parlamentssitze und verbessert sich damit um 47 Mandate. Für eine absolute Mehrheit in dem 350 Mandate umfassenden Abgeordnetenhaus sind 176 Mandate erforderlich. Dafür wird es für Feijoo auch mit den Stimmen der rechtspopulistischen Partei Vox nicht reichen, die auf 33 Mandate kommt und damit 19 Sitze verliert. Zu Feijoos Unterstützern wird außerdem eine konservative Regionalpartei gezählt, die einen Sitz erhielt.

Große Koalition kann ausgeschlossen werden 

Die PSOE erreicht 122 Sitze. Die mit ihr verbündete neue linke Sammlungsbewegung Sumar wird aus dem Stand mit 31 Sitzen viertstärkste Kraft. Die Sozialisten bilden derzeit mit der linken Unidas Podemos (UP) eine Minderheitsregierung. UP trat bei der Wahl als Teil von Sumar an.

"Das voraussichtliche Wahlergebnis kennt zwar einen klaren Sieger: den Partido Popular unter dem Vorsitz von Alberto Núñez Feijóo", erklärte der deutsch-spanische Historiker Carlos Collado Seidel, der an der Universität Marburg als außerplanmäßiger Professor tätig ist. Seine Wahl als Regierungschef und damit eine Regierungsbildung stünden allerdings in den Sternen. Eine große Koalition könne ausgeschlossen werden. Auch sei nicht zu erwarten, dass sich die Sozialisten bei der Wahl des Regierungschefs enthielten und damit eine Minderheitsregierung der PP als kleineres Übel tolerieren würden.

Sanchez stürzte erstmals eine Regierung durch einen Misstrauensantrag 

Im Jahr 2018 war Sanchez der erste Politiker in Spanien, der eine amtierende Regierung durch einen Misstrauensantrag stürzte. Später übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten von seinem konservativen Vorgänger Mariano Rajoy und gewann anschließend zwei Neuwahlen.

Ursprünglich war der Urnengang für Dezember angesetzt. Doch Ministerpräsident Sanchez rief Neuwahlen aus, nachdem die Linke bei den Regionalwahlen im Mai eine Schlappe erlitten hatte. Nun wird voraussichtlich eine unübersichtliche politische Situation im Parlament entstehen. Und dies in einer Zeit, in der Spanien gerade erst die halbjährliche rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat.
 

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