Der Chef der Demokratischen Partei Walter Veltroni appelliert für Dialog. Berlusconi sieht seine Chance.
Der italienische Staatschef Giorgio Napolitano hat am Montag zum vierten Tag in Folge mühevoll nach einem Ausweg aus der politischen Krise in Rom gesucht. Napolitano traf die Oppositionsparteien Alleanza Nazionale (AN), die christdemokratische UDC und die föderalistische Lega Nord. AN und Lega bekräftigten, dass Neuwahlen der einzig mögliche Weg seien, um Italien realistische Aussichten auf politische Stabilität zu geben.
UDC einzige Partei, die nicht auf jeden Fall Neuwahlen will
Die
christdemokratische UDC ist die einzige Partei des Oppositionsbündnisses,
die nicht um jeden Preis vorgezogene Parlamentswahlen verlangt. UDC-Chef
Pierferdinando Casini plädierte für eine "Regierung der Versöhnung" , die
aus "verantwortungsbewussten Persönlichkeiten der Mitte-rechts- und
Mitte-links-Allianz" bestehen soll.
Veltroni fordert Dialog zwischen allen Parteien
Walter Veltroni,
Chef der Demokratischen Partei (PD, stärkste Regierungspartei), appellierte
am Montag erneut an alle Parteien zum Dialog für eine Übergangsregierung,
die in circa zehn Monaten eine Wahlreform über die Bühne bringen solle. Ein
neues Wahlgesetz sei notwendig, um dem Land politische Stabilität zu
bescheren. "In dieser politischen Phase braucht Italien Dialog und nicht
Streit. Ansonsten wird das Land einen sehr hohen Preis zahlen müssen", sagte
Veltroni.
Die Stunde Berlusconis
Oppositionschef Silvio Berlusconi
bekräftigte seine Forderung nach Neuwahlen. Laut Berlusconi müsse der
Staatspräsident dieser Forderung Rechnung tragen, da das Land sich in einem
verheerenden Zustand befinde. Berlusconi spürt Rückenwind. Er verfasste
bereits ein Regierungsprogramm mit sieben Punkten: Steuersenkungen, Schutz
der Privatsphäre, Bekämpfung der Kriminalität, finanzielle Hilfen für
Familien, Investitionen in die Infrastruktur, Justizreform, Erneuerung der
Schulen und Universitäten. Seine Priorität seien Gesetze zugunsten junger
Menschen, die ein selbstständiges Leben beginnen wollten, sagte Berlusconi.
Er zitierte auch Meinungsumfragen, wonach seine Mitte-Rechts-Allianz bei
Neuwahlen auf 57,6 Prozent käme, gegenüber 42,4 Prozent für die
Mitte-Links-Koalition.
Bringt Konsultationsrunde eine Lösung?
Napolitano schließt
am Dienstag seine Konsultationsrunde mit Gesprächen mit den stärksten
Parteichefs der Regierungskoalition und der Opposition ab. Nach einem
Treffen mit Oppositionschef Berlusconi und PD-Chef Veltroni wird Napolitano
noch seine Vorgänger Francesco Cossiga, Oscar Luigi Scalfaro und Carlo
Azeglio Ciampi treffen. Danach muss er einen Entschluss fassen. Nicht
auszuschließen ist, dass sich Napolitano noch einige Tage Zeit für eine
Fortsetzung der Gespräche nehmen wird. Die Aussicht, dass der Präsident das
Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben wird, scheint nicht
unrealistisch. In Rom bereitet man sich schon auf eine lange Wahlkampagne
vor.