Nicht Neues im Osten: Putin akzeptiert das Angebot des von ihm aufgestellten Präsidentschaftskandidaten, unter ihm Premier zu werden.
Die Kreml-Partei "Geeintes Russland" hat am Montag auf einem Parteitag in Moskau den Ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew als Kandidaten für die Präsidentenwahl in Russland im kommenden Jahr nominiert. Zugleich kündigte Amtsinhaber Wladimir Putin an, er wolle im Falle eines Wahlsiegs Medwedews Regierungschef werden. Mit dieser Erklärung stellte sich Putin noch einmal nachdrücklich hinter seinen 42-jährigen Wunschnachfolger.
Putin sei bereit, Ministerpräsident zu werden
"Wenn die
Bürger Russlands Vertrauen in Dmitri Medwedew setzen und ihn zum neuen
Präsidenten wählen, bin ich bereit, unsere gemeinsame Arbeit als
Ministerpräsident fortzusetzen - ohne die Verteilung der Macht zu
verändern", sagte Putin vor den Delegierten. Über seinen Vertrauten Medwedew
sagte er: "Das ist ein vertrauenswürdiger und ehrenhafter Mann." Die
Verteidigung des Staates und seiner Bürger habe in Medwedews Leben Vorrang.
"Man muss keine Angst haben, ihm die Führung des Staates anzuvertrauen."
Ministerpräsident als ausführendes Organ
Laut
russischer Verfassung hat der Präsident weitgehende Kompetenzen und gibt in
der Innen- und Außenpolitik die Richtung vor. Der Ministerpräsident gilt
weithin als ausführendes Organ. Ihm unterstehen lediglich weniger bedeutsame
Ministerien wie die für Bildung und Gesundheit. Putin würde das Verbleiben
in einer prominenten Position aber alle Möglichkeiten belassen, weiterhin
einen großen Einfluss auf die russische Politik auszuüben.
Russland will einen "nationalen Führer"
Putin
selbst darf laut Verfassung nach zwei Amtsperioden in Folge bei der
Präsidentenwahl am 2. März nicht mehr antreten. Nachdem er "Geeintes
Russland" als Spitzenkandidat zu einem klaren Sieg bei der Parlamentswahl
Anfang des Monats geführt hatte, wurde er von Vertretern der Partei gebeten,
als "nationaler Führer" weiterhin eine einflussreiche Funktion auszuüben.
Nominierung als Formsache
Der parteilose Medwedew sei einstimmig
zum Präsidentschaftskandidaten gekürt worden, sagte der Parteivorsitzende
von "Geeintes Russland", Boris Gryslow (Grislow), nach Angaben der
russischen Nachrichtenagentur Interfax. Die Wahl Medwedews zum Staatschef am
2. März gilt aufgrund der öffentlich geäußerten Unterstützung durch Putin
als sicher. Auch die Nominierung durch "Geeintes Russland" galt als
Formsache. Gryslow betonte zudem, eine Nominierung Putins als
Ministerpräsident werde "selbstverständlich" unterstützt.
Medwedew: "Führende Rolle Russlands" mit Putin erreichbar
Nach
seiner Kür stellte Präsidentschaftskandidat Medwedew die Rückkehr Russlands
zu "einer führenden Rolle in der Welt" in Aussicht. Solche Pläne seien aber
nur gemeinsam mit dem bisherigen Amtsinhaber Wladimir Putin zu erreichen,
sagte er in einer Grundsatzrede. "Mit Wladimir Putin werden wir gemeinsam
die schwierigsten und größten Aufgaben lösen." Medwedew wollte auf dem
Parteitag den Delegierten auch sein Wahlprogramm vorstellen.
Der 42 Jahre alte Medwedew, der auch Aufsichtsratschef beim weltgrößten Gaskonzern, der staatlichen Gazprom, ist, war in der vergangenen Woche von insgesamt vier Parteien als Kandidat vorgeschlagen worden. Im Machtzirkel des Kreml gilt der studierte Jurist als eher liberaler Politiker, vor allem was die Wirtschaft betrifft. In seiner Regierungsfunktion war er bisher zudem hauptsächlich für die Sozialpolitik verantwortlich.
Putins Nachfolger kein Geheimndienstler
Da er wie viele andere
russische Funktionäre heute keine offizielle Geheimdienstlaufbahn
absolvierte, gilt Medwedew aber unter Beobachtern allerdings auch eher als
schwacher Politiker, der sich bisher selten in der Öffentlichkeit geäußert
hat. Eine eigene politische Basis hat er nicht. Nach einem Bericht der
Zeitung "Wedomosti" soll der Stabschef im Kreml, Sergej Sobjanin, zusammen
mit dem Putin-Berater Wladislaw Surkowden den Wahlkampf von Medwedew führen.
Es wäre das erste Mal, dass die Kampagne eines Präsidentschaftskandidaten
von einem Kreml-Stabschef geleitet würde, schrieb die Zeitung. Die russische
Opposition ist zerstritten und hat sich bisher nicht auf einen gemeinsamen
Kandidaten einigen können.