Nach TV-Triell

Rennen weiter offen für Laschet, Scholz und Baerbock

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Nach dem ersten TV-Triell ist das Rennen für alle drei Kandidaten weiter offen. Für Laschet war es kein "Gamechanger". 

 Berlin: Armin Laschet wirkt ernsthaft und nachdenklich, als er die Ergebnisse der Beratungen des CDU-Präsidiums vorträgt - aber auch kämpferisch.

Kein Umschwung in den Umfragewerten 

Der Schlagabtausch des gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU mit seinen Rivalen von SPD und Grünen, Olaf Scholz und Annalena Baerbock, am Sonntagabend hat nicht den Umschwung bei den desaströsen Umfragewerten gebracht, das zeigt eine Forsa-Blitzumfrage. Im Gegenteil.

36 Prozent für Scholz 

Doch immerhin sei Laschet nach dem ersten großen Triell nun wieder zurück auf dem Spielfeld, heißt es in der CDU. Und er habe den eigenen Anhängern gezeigt, dass mit ihm noch zu rechnen sei.

36 Prozent der rund 2.500 Befragten einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter wahlberechtigten Zuschauern haben angegeben, SPD-Kandidat Olaf Scholz habe das Triell bei den Sendern RTL und ntv gewonnen. 30 Prozent sahen Grünen-Chefin Annalena Baerbock vorn, nur 25 Prozent Laschet. Es zeigt: Das Rennen ist zwar noch offen, aber mit klaren Vorteilen für Scholz. Das kann Laschet nicht gefallen.

 Doch auf die Frage, wie frustrierend das schwache Abschneiden sei, ist beim CDU-Chef am Montagmittag kein Zeichen von Depression zu entdecken: "Gar nicht", antwortet Laschet. "Es haben fünf Millionen Menschen zugeschaut, um die geht es mir." Jetzt werde immerhin endlich über Themen geredet.

 Wer ist "kanzlerischer" - Laschet oder Scholz?

Kritiker werfen Laschet vor, er habe im Triell teils verkniffen gewirkt, Scholz sei "kanzlerischer" aufgetreten. Doch auch auf die Frage, was er an seinem Auftritt beim Dreier-Schlagabtausch bei ARD und ZDF in zwei Wochen ändern wolle, reagiert Laschet nicht genervt wie sonst manchmal. "Lassen wir doch die Wähler entscheiden, was sie kanzlerisch finden", gibt er ruhig zurück. "Kanzlerisch ist nicht, wenn man die Raute nachmacht", stichelt er in Richtung Scholz. Der hatte sich für das "SZ Magazin" mit zur Raute gefalteten Händen fotografieren lassen - dem Markenzeichen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die nach fast 16 Amtsjahren nicht mehr kandidiert.

Erneut nutzt Laschet seinen Auftritt für Attacken auf Scholz - der habe ja auch beim Triell die Frage nicht beantwortet, ob er sich notfalls auf eine Koalition mit der Linkspartei einlasse. Die Frage dürfte Scholz noch oft von Laschet zu hören bekommen.

Zwar gebe es keine Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne des damaligen CDU-Generalsekretärs Peter Hintze von 1994, heißt es in der CDU-Spitze. Man wisse ja aus Umfragen, dass viele Menschen davor keine Angst mehr hätten. Aber natürlich hoffen sie in der Parteispitze doch, dass so noch Anhänger motiviert werden, ihr Kreuz bei der Union zu machen. Denn es dürfte knapp werden am 26. September.

Merkel und Laschet im Austausch 

Eine kleine Besonderheit gibt es im Präsidium dann doch: Anders als sonst üblich werden zu Beginn Fotografen zugelassen. Die Bilder zeigen Laschet und Merkel in intensivem Austausch. Gut möglich, dass der Kandidat hofft, mit der demonstrativen Nähe zur Kanzlerin ein wenig von der immer noch riesigen Beliebtheit Merkels zu profitieren. Es geht ja jetzt um jede Stimme.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz muss sich nicht neu erfinden

 Scholz muss sich vier Wochen vor der Wahl nicht neu erfinden, er muss auch keine bisher zu kurz gekommenen Stärken herauskehren wie Baerbock oder Laschet. Mit seinem Image als erfahren, verlässlich, aber doch irgendwie progressiv hat er einen Umfrageboom hingekriegt, der auch die SPD nach oben zieht.

Der Trend sieht die Sozialdemokraten um die Union herum - je nach Institut darüber, gleich oder auch einmal darunter - aber er hat sich schon etwas verfestigt. Scholz darf nur eines nicht - Fehler machen. Und der Vizekanzler wirkt nicht so, als fiele ihm das sonderlich schwer - obwohl seine politische Bilanz etwa mit G20-Krawallen 2017 und dem Millionenbetrug um Wirecard auch nicht makellos ist.

Beim Triell kam der SPD-Kandidat ruhig, ernst und entschlossen rüber, aber auch etwas abwartend und defensiv. Ein Mann der großen Linien, der mit stoischer Gelassenheit die Angriffe von Laschet abperlen lässt und freundlich gegenüber Baerbock ist. Ob die zurückgenommene Art noch bis zur Wahl trägt? Scholz erinnert viele immer stärker an zurückliegende Teflonwahlkämpfe, in denen Kanzlerin Merkel bloß nichts anbrennen lassen wollte.

Nun hat es Scholz aber zu tun mit einem Unions-Konkurrenten, hinter dem sich CDU und CSU angesichts der drohenden Niederlage wohl immer mehr scharen werden - und mit einer Grünen mit neuer Munterkeit. Die zwischenzeitliche Zurückhaltung nach vergeigtem Wahlkampfstart scheint bei Baerbock dem Willen Platz zu machen, Scholz die Poleposition nicht kampflos zu überlassen.

 Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock: Attacke für den Aufbruch

Kein Weiter-So, sondern Aufbruch und Erneuerung: Das ist die zentrale Botschaft von Baerbock beim TV-Triell. Ihre Rolle als einzige Oppositionspolitikerin in der Runde nutzte sie für Abgrenzung und Attacke. In der Afghanistan-Politik warf sie der Regierung "Wegducken", beim Klimaschutz "jahrelanges Nichtstun" vor.

Genauso energisch ist auch Baerbocks Plädoyer für einen fairen Umgang mit Kindern, für eine Kindergrundsicherung und gerechte Bildungschancen. Dieser Teil hat sogar Unions-Leute beeindruckt, hier müsse man nachschärfen, heißt es in der CDU.

Aus den Reihen der Grünen gibt es am Tag danach naturgemäß viel Lob für den Triell-Auftritt der Co-Chefin. Das Rennen sei offener denn je, die angeschlagene und von Pannen und selbst verschuldeten Fehlern gebeutelte Kandidatin wieder voll im Spiel. "Nach diesem Triell ist alles drin", sagt Britta Haßelmann, erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, der Deutschen Presse-Agentur. Baerbock sei am Sonntagabend nicht nur kämpferisch, sondern auch sympathisch gewesen. Im Rennen seien "drei Kandidierende, aber zwei Richtungen", analysiert Haßelmann. Die Wähler könnten sich zwischen einem "Weiter-So" und "einer besseren Politik" entscheiden.
 

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