Wahl wird in "swing states" oder "battleground states" entschieden.
Beim derzeitigen Parteitag der US-Demokraten gibt es viel Begeisterung für Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris - aber auch Warnungen vor allzu viel Euphorie. So warnte Ex-Präsident Barack Obama seine Partei eindringlich, dass das Rennen zwischen Harris und dem republikanischen Rivalen Donald Trump "eng" bleiben werde. Solche Warnungen werden durch die Umfragen gestützt.
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Nach Biden Rückzug
Zwar zeigen sie, dass sich seit dem Rückzug von Präsident Joe Biden aus dem Präsidentschaftsrennen und dem Nachrücken von Harris die Dynamik des Wahlkampf verändert hat. Die Vizepräsidentin reitet auf einer Zustimmungswelle, die sie in den landesweiten Werten aktuell vor Trump platziert.
Allerdings ist dieser landesweite Vorsprung gering - und vor allem wird die Wahl nicht durch die landesweiten Ergebnisse entschieden, sondern durch die Ergebnisse in den einzelnen US-Staaten. Auch ist das Schicksal der früheren Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton eine Warnung für Harris und die Demokraten: Clinton lag in den Umfragen vor der Wahl 2016 klar vorn, holte dann auch landesweit rund 2,9 Millionen Stimmen mehr als Trump - und verlor trotzdem, wegen ihrer Niederlage in den Ausschlag gebenden Schlüsselstaaten.
Harris legt zu
Dennoch ist beeindruckend, wie schnell Harris im Vergleich zu Biden in den Umfragen zugelegt hat: Laut der Website "RealClearPolling" lag Biden zum Zeitpunkt seiner Rückzugserklärung am 21. Juli im Schnitt der landesweiten Umfragewerte 3,1 Prozentpunkte hinter Trump. Harris hingegen lag demnach vor Beginn des Demokraten-Parteitags am Montag in diesem Mittelwert 1,5 Punkte vor dem Rechtspopulisten.
Dass aber die Präsidentschaftswahl trotz landesweiter Stimmenmehrheit verloren gehen kann, liegt an der Alles-oder-nichts-Regel in den allermeisten der 50 US-Staaten. Die Staaten entsenden im indirekten US-Wahlsystem die Wahlleute in das Gremium, das letztlich das neue Staatsoberhaupt wählt. Die Wahlleute werden aber in 48 US-Staaten nicht proportional zum Stimmenanteil der jeweiligen Kandidaten verteilt. Vielmehr bekommt der Gewinner alle Wahlleute zugeschlagen.
Hier liegen die Chancen
In den meisten Staaten herrschen klare Mehrheitsverhältnisse - während Trump also etwa in den traditionell liberalen Staaten Kalifornien oder New York keinerlei Chance hat, ist Harris beispielsweise in den stark konservativen Staaten Alabama oder Kentucky chancenlos. Die Gruppe der "swing states" oder "battleground states", in der die Wahl offen ist, besteht nach Berechnungen von "RealClearPolling" aktuell aus neun Staaten.
Auch in diesen Schlüsselstaaten steht Harris derzeit deutlich besser da als Biden: So lag Trump vor dem 21. Juli laut "RealClearPolling" in den Durchschnittswerten der Umfragen etwa in Arizona 5,8 Prozentpunkte vor Biden, in Georgia betrug sein Vorsprung 3,8 Punkte, in Michigan 2,1, in Pennsylvania 4,5 und in Wisconsin 2,9 Punkte.
Der Vorsprung Trumps in diesen Schlüsselstaaten ist inzwischen geschmolzen, in manchen liegt er in den Mittelwerten der Umfragen aktuell leicht hinten. So errechnete "RealClearPolling" einen durchschnittlichen Vorsprungswert für Harris von 2,0 Punkten in Michigan und von 1,0 Punkten in Wisconsin. In Arizona sowie Pennsylvania liegt sie demnach nur noch 0,2 Punkte hinter Trump, in Georgia nur noch genau einen Punkt.
Nach den diversen Fehleinschätzungen der US-Demoskopen in den vergangenen Jahren ist allerdings auch bei der Betrachtung der diesjährigen Umfragen eine gesunde Portion Skepsis angebracht. Das Misstrauen gegenüber dem demoskopischen Harris-Hoch schürt allerdings auch das Trump-Lager, das die als "Kamalamania" bezeichnete Euphorie um die Kandidatin kleinzureden versucht. Die Medien setzten "falsche Umfragen" gegen die Republikaner ein, behauptete Trumps Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance im rechtsgerichteten Sender Fox News.