Dies berichtet der türkische Fernsehsender NTV. Die Regierung reagiert damit auf die geplante Resolution des US-Kongresses zu Armenien
Der Streit um die Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs hat zu einer Belastungsprobe in den Beziehungen zwischen der Türkei und den USA geführt. Die Türkei beorderte am Donnerstag ihren Botschafter in Washington zu Beratungen über eine im US-Repräsentantenhaus verabschiedete Resolution nach Ankara zurück. Der Diplomat Nabi Sensoy solle die USA verlassen, berichteten türkische Medien.
US-Resolution spricht von Völkermord an Armeniern
In der
Resolution des Auswärtigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses wird der
Tod hunderttausender Armenier am Ende des Osmanischen Reiches als Völkermord
angeprangert. Der Vorwurf des Genozids wird von der Türkei heftig
bestritten. Je nach Schätzungen kamen bei den Massakern 1915/16 zwischen
200.000 und 1,5 Millionen Armenier ums Leben.
USA wollen weiterhin gutes Verhältnis
Der Sprecher des
US-Außenministeriums, Tom Casey, sagte dass die USA ihrerseits nicht
vorhätten, ihren Botschafter aus der Türkei zurückzurufen. "Wir wollen
gewiss weiterhin ein gutes positives Verhältnis mit der türkischen Regierung
haben", sagte Casey.
Gül kritisiert Resolution scharf
Der türkische
Staatspräsident Abdullah Gül hatte am Donnerstag mit scharfer Kritik auf die
Resolution reagiert. Die Resolution sei nicht akzeptabel, zitierte die
türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi Gül. Politiker in den USA hätten
bedeutsame Angelegenheiten für innenpolitische Spielchen geopfert, warnte er.
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Der mehrheitlich mit Demokraten besetzte Ausschuss hatte am Mittwochabend mit 27 zu 21 Stimmen für die Vorlage gestimmt. US-Präsident George W. Bush fürchtet wegen der als wahrscheinlich angesehenen Annahme der Resolution im US-Kongress eine Verschlechterung der Beziehungen zum NATO-Partner Türkei.
Abstimmung im Repräsentantenhaus steht noch aus
Auf Grund
der Empfehlung des Auswärtigen Ausschusses wird nun das
US-Repräsentantenhaus abstimmen. Auch im US-Senat ist eine entsprechende
Resolution geplant. "Die traurige Tatsache ist, dass die heutige Regierung
der Türkei sich beharrlich und in aggressiver Weise weigert, (...) den
Völkermord an den Armeniern anzuerkennen", sagte der republikanische
Abgeordnete Christopher Smith.
Bush warnt vor Annahme der Resolution
Bush hatte noch am
Mittwochvormittag gewarnt, dass eine Annahme der Resolution "unseren
Beziehungen zu einem Kernverbündeten in der NATO und im globalen Krieg gegen
den Terror großen Schaden zufügen" würde. US-Verteidigungsminister Robert
Gates befürchtet überdies Folgen für die Versorgung der US-Truppen im Irak,
da die Türkei ein wichtiges Transitland für Nachschubgüter sei.
Außenministerin Condoleezza Rice meinte, es drohten sogar negative
Konsequenzen für die Friedensbemühungen der USA im Nahost-Konflikt.
Bush hatte zuvor die damaligen Ereignisse in der Türkei als eine der größten Tragödien des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Allerdings müsse die Geschichtswissenschaft noch klären, ob der Begriff des Völkermords angemessen sei.
Demokraten wollen Resolution voranbringen
Die demokratische
Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zeigte sich am
Donnerstag entschlossen, die Resolution weiter voranzubringen. Nach dem
Ausschuss müsse auch das Repräsentantenhaus abstimmen, sagte Pelosi. Im
US-Kongress gibt es seit Jahren Bestrebungen, die Massaker an den Armeniern
als Völkermord anzuerkennen. Ein Entwurf wurde 2000 fallen gelassen, nachdem
der damalige Präsident Bill Clinton seinen Widerstand erklärt hatte.