Hohe Beamte im Weißen Haus waren über die Zerstörung der CIA-Aufnahmen informiert. Nun fordert der Senat eine Untersuchung.
Eine Affäre um zerstörte CIA-Videomitschnitte von "harschen" Verhören mutmaßlicher Terroristen schlägt in den USA immer höhere Wellen. Nach heftiger Kritik der Demokraten leiteten das Justizministerium und der Geheimdienst CIA selbst Vorermittlungen ein, wie am Samstag bekanntgegeben wurde.
Bush habe "keine Erinnerung"
Das Weiße Haus
versicherte, dass Präsident George W. Bush erst kürzlich über die Existenz
und Vernichtung der Bänder informiert worden sei. Der Präsident habe "keine
Erinnerung" daran, dass er schon früher von den Aufzeichnungen oder deren
Zerstörung gewusst habe, zitierte der US-Sender CNN am Freitag (Ortszeit)
Sprecherin Dana Perino.
Weißes Haus war eingeweiht
Nach Medienberichten vom
Wochenende wussten jedoch hohe Beamte im Weißen Haus und Justizministerium
seit 2003 von den Bändern sowie von Plänen für ihre Zerstörung und rieten
der CIA davon ab, die Absicht in die Tat umzusetzen. Zu diesen Beamten habe
die damalige stellvertretende Stabschefin im Weißen Haus und spätere
Rechtsberaterin Harriet Miers gehört. Sie habe vor etwaigen rechtlichen
Problemen einer Vernichtung gewarnt.
Führende Demokraten nannten die Zerstörung "zutiefst beunruhigend". Allerdings berichtete die "Washington Post" am Sonntag unter Berufung auf Regierungsbeamte, dass zumindest vier hochrangige Vertreter der Partei zusammen mit mehreren Republikanern 2002 und 2003 von der CIA über die "harschen" Verhörmethoden unterrichtet worden seien. Dazu habe simuliertes Ertränken gehört, das nach Angaben aus CIA-Kreisen auch auf einem Teil der zerstörten Bänder beim Verhör des mutmaßlichen hochrangigen Al-Kaida-Terroristen Abu Zubaida zu sehen war.
Um welche "harsche" Verhörmaßnahmen handelt es sich?
Der
"Washington Post" zufolge äußerte bei den seinerzeitigen Unterrichtungen
hinter verschlossenen Türen mit einer Ausnahme niemand Einwände. Im
Gegenteil hätten zwei Kongressmitglieder gefragt, ob die Methoden auch hart
genug seien. Nach CIA-Angaben wird das simulierte Ertränken seit 2005 nicht
mehr praktiziert. Welche der "harschen" Techniken weiter angewendet werden,
darüber bewahren die Regierung und das Weiße Haus aber striktes
Stillschweigen.
Senat fordert eigene Ermittlungen
Die Geheimdienstausschüsse von
Senat und Abgeordnetenhaus wollen nach Angaben ihrer Vorsitzenden eigene
Ermittlungen im Fall der zerstörten Bänder beginnen. Sie bestritten
CIA-Angaben, nach denen die Gremien Ende 2005 über die Vernichtung der
Videos informiert worden seien.
Empört reagierten auch Vertreter einer unabhängigen Kommission, die zur Untersuchung der Fehler und Versäumnisse im Vorfeld und nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingesetzt worden war. Sie hatten nach eigenen Angaben vor ihrem Abschlussbericht 2004 von der CIA ausdrücklich die Herausgabe aller verfügbaren Materialien über Verhöre von mutmaßlichen Terroristen verlangt, seien aber nie über die Existenz der Bänder informiert worden.
CIA bestätigt Zerstörung der Bänder
CIA-Direktor
Michael Hayden hatte die Zerstörung der 2002 entstandenen und 2005
vernichteten Bänder am Donnerstag bestätigt, nachdem die "New York Times"
die Vorgänge aufgedeckt hatte. Unter anderem begründete er die Vernichtung
mit dem Schutz der bei den Verhören eingesetzten Geheimdienstbeamten vor
terroristischen Racheakten.