Einer der Angeklagten war damals an der iranischen Botschaft in Wien akkreditiert.
Antwerpen/Wien. Rund zweieinhalb Jahre nach einem vereitelten Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von Exil-Iranern in Frankreich hat in Belgien der Prozess gegen vier mutmaßliche Tatbeteiligte begonnen. Ihnen wird vor einem Gericht in Antwerpen vorgeworfen, das Attentat auf die Veranstaltung mit Tausenden Teilnehmern geplant und vorbereitet zu haben. Unter den Angeklagten ist auch ein Iraner, der zum Tatzeitpunkt an der iranischen Botschaft in Wien als Diplomat akkreditiert war.
Der 48 Jahre alte Assadollah A. soll Erkenntnissen der Ermittler zufolge Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes MOIS sein, zu dessen Aufgaben die Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen innerhalb und außerhalb des Iran gehört. Es gilt deswegen als möglich, dass den Anschlagsplänen ein direkter staatlicher Auftrag zugrunde lag. Wäre der Anschlag ausgeführt worden, hätte er nach Einschätzung von Ermittlern zahlreiche Tote und Verletzte zur Folge haben können.
Assadollah A. ließ sich von seinem Anwalt vertreten
Assadollah A. ließ sich am Freitag zum Prozessauftakt von seinem Anwalt vertreten. Vertreter der im Iran verbotenen Oppositionsgruppe NWRI warfen der Regierung in Teheran vor, dem Mann angeordnet zu haben, das Erscheinen vor dem Gericht zu verweigern. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) hatte die Großkundgebung am 30. Juni 2018 in Villepinte bei Paris organisiert.
Assadollah A. war am 1. Juli 2018 an einer Autobahnraststätte bei Aschaffenburg (Bayern) verhaftet und dann unter heftigen Protesten der Regierung in Teheran von Deutschland an Belgien übergeben worden. Der Iran behauptet, dass der Diplomat unschuldig sei, und vertritt die Ansicht, dass er nicht hätte ausgeliefert werden dürfen.
Die deutsche Justiz argumentierte hingegen, dass Assadollah A. bei seiner Festnahme nicht unter diplomatischem Schutz gestanden sei, weil er sich außerhalb Österreichs auf einer Urlaubsreise befand. Die deutsche Bundesanwaltschaft hatte gegen den Mann einen Haftbefehl unter anderem wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Verabredung zum Mord erwirkt.
Belgien lebendes Ehepaar hätte Anschlag ausführen sollen
Zu den weiteren Angeklagten in Antwerpen gehört ein in Belgien lebendes Ehepaar, das den Anschlag nach den Ermittlungen hätte ausführen sollen. Assadollah A. soll ihm dafür Ende Juni 2018 in Luxemburg eine Sprengvorrichtung mit insgesamt 500 Gramm des Sprengstoffes Triacetontriperoxid (TATP) übergeben haben. Belgische Spezialeinheiten hatten das Paar mit dem Sprengstoff im Auto dann allerdings auf dem Weg nach Frankreich gestoppt und festgenommen.
Ein Urteil in dem Prozess wird frühestens gegen Ende Dezember erwartet. Den Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft.
Die EU hatte Assadollah A. bereits Anfang 2019 auf ihre Terrorliste gesetzt und damit unter anderem das Einfrieren seiner in der EU vorhandenen Vermögenswerte ermöglicht. Zudem war auch die Direktion für innere Sicherheit des Geheimdienstes MOIS gelistet worden.
Wien war im Sommer 1989 Schauplatz eines Schlags gegen die Opposition aus den Reihen der Kurden im Iran. Abdul Rahman Ghassemlou kam damals als Generalsekretär der Demokratischen Partei Kurdistans/Iran (DPKI) zu geheimen Verhandlungen mit Vertretern der iranischen Regierung nach Wien. Am 13. Juli wurden er, sein Stellvertreter sowie ein in Österreich eingebürgerter Kurde erschossen. Die mutmaßlichen Täter tauchten damals in der iranischen Botschaft unter und konnten offenbar nach massivem Druck Teherans auf die österreichischen Behörden unbehelligt ausreisen.