Drama in Südtirol

Zugunglück: 8 Personen im Polizei-Visier

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Ein Hangrutsch löste ein Zugunglück aus. Neun Menschen starben.

Nach dem am Montag durch einen Hangrutsch ausgelösten Zugsunglück bei Latsch im Südtiroler Vinschgau, bei dem neun Menschen starben, hat der Bozner Oberstaatsanwalt Guido Risopoli Ermittlungen gegen acht Personen aufgenommen. Es wird weiterhin vermutet, dass eine defekte Leitung einer Beregnungsanlage in einem Obstanbaugebiet nahe der Unglücksstelle die Schlammlawine ausgelöst hatte.

Ermittlungen gegen Grundstückseigentümer
"Es geht aber nicht darum, sie jetzt schon zu Schuldigen zu erklären", wird Rispoli in der Dienstagsausgabe der Südtiroler Tageszeitung "Dolomiten" zitiert. Ermittelt werde gegen den Eigentümers des Grundstückes, auf dem die beschädigte Leitung vermutet wird und den Besitzer des direkt angrenzenden Grundes, unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, berichtete das Blatt. Erhebungen laufen auch gegen das Bonifizierungskonsortium, das für die Gewährleistung der Wasserversorgung der Obstanbaugebiete zuständig ist. Risopoli war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.

Nach Angaben des Landesgeologe Ludwig Nössing habe sich "wahrscheinlich aufgrund von Wasserinfiltrationen" das lockere Material des Schuttkegels oberhalb der Bahntrasse gelöst und sei mit hoher Geschwindigkeit auf die Schienen gerutscht. "Wäre der Zug auch nur zehn Sekunden früher an der Unfallstelle vorbei gekommen, wäre nichts passiert, eine Minute später hätte ihn ein Kurzschluss vor der Unfallstelle blockiert", gab Helmuth Moroder, Chef der Betreibergesellschaft der Vinschger Bahn an.

Finanzielle Soforthilfe
Die Aufräumarbeiten am Unglücksort wurden am Dienstag fortgesetzt. Noch in der Nacht war laut der Berufsfeuerwehr Bozen eine behelfsmäßige Brücke über die Etsch errichtet worden, um den schwer beschädigten Zug zu bergen. Mit einem Kran soll der 68 Tonnen schwere Waggon aus dem Weg geschafft werden. Damit dies gelingen kann, muss das Gerät möglichst nahe am Zugteil platziert werden, erklärte ein Sprecher der Feuerwehr. Eine andere Möglichkeit, als ihn auf der Brücke abzustellen, gebe es in dem unwegsamen Gelände nicht.

Die Südtiroler Landesregierung beschloss noch am Montagabend finanzielle Soforthilfe für die betroffenen Familien. "Jede einzelne Situation wird überprüft, damit wir bei Härtefällen sofort helfen können und die Betroffenen nicht erst auf den Ausgang eventueller Prozesse warten müssen", erklärte Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) nach einer Sondersitzung des Landtages. In Südtirol herrschte Landestrauer, die Fahnen der Landhäuser wehten auf halbmast. In Absprache mit dem Bischof der Diözese Bozen-Brixen wurde für heute, Dienstag, um 19.00 Uhr in Schlanders eine offizielle Trauerfeier anberaumt.

Das Unglück forderte neun Todesopfer, die alle aus Südtirol stammten. Insgesamt befanden sich laut Durnwalder 37 Passagiere in der Vinschger Bahn, 29 wurden verletzt, sieben davon schwer. Vermisste gab es am Dienstag keine mehr.

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