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AK fürchtet Verteuerungen wegen Reve-Adeg-Deal

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Die Rewe darf Adeg übernehmen. Die Arbeiterkammer fürchtet dadurch steigende Lebensmittelpreisem, Adeg-Kaufleute sind skeptisch.

Die Übernahme von Adeg durch Rewe Austria hat bei den Adeg-Kaufleuten Ratlosigkeit hinterlassen. Bei einem Rundruf zeigten sie sich über die erteilten EU-Wettbewerbsauflagen weitgehend unwissend, weder von Adeg noch von Rewe hätten sie in den vergangen Wochen Informationen erhalten.

"Wir wissen noch gar nichts", hieß es. Dementsprechend skeptisch bis unentschlossen zeigten sie sich zu einem möglichen Wechsel zu einem neuen Handelspartner wie Spar oder Nah&Frisch. Wie berichtet müssen in 28 wettbewerbsrechtlich "kritischen" Bezirken entweder Adeg-Geschäfte abgegeben oder Rewe-Supermärkte geschlossen werden

Preisanstieg befürchtet
Ein weiteres Ansteigen der Lebensmittelpreise durch den von Brüssel abgesegneten Rewe-Adeg-Deal befürchtet die Arbeiterkammer (AK). Einerseits sei die Entscheidung zu begrüßen, da sie Adeg-Arbeitsplätze sichert, andererseits sei sie ein weiterer Schritt hin zu weniger Wettbewerb und damit zu höheren Lebensmittelpreisen, so die AK-Expertin Maria Kubitschek in einer ersten Reaktion.

Es sei enttäuschend, dass die EU-Wettbewerbskommissarin diese Fusion nicht vertieft geprüft hat, vor allem in Zeiten hoher Teuerungsraten. Der österreichische Lebensmittelhandel sei seit Jahren in der Hand weniger großer Handelsketten: Die drei führenden Rewe, Spar und Hofer beherrschen derzeit fast 77 Prozent des Marktes. Das sei innerhalb der EU einer der höchsten Konzentrationsgrade. "Diese Marktbeherrschung der großen Handelsketten könnte eine der Ursachen für die enorm hohen Preissteigerungen sein, die in Österreich deutlich höher ausgefallen sind als in den EU-Nachbarländern", so Kubitschek.

Grünes Licht
Zuvor hatte die EU-Kommission am Montag grünes Licht für die Aufstockung der Rewe-Anteile an Adeg auf 75 Prozent gegeben. Demnach darf der Handelsriese Adeg übernehmen, allerdings muss er sich in bestimmten Regionen Österreichs von Filialen trennen, teilte die EU-Kommission am Montagnachmittag in Brüssel mit.

"Nicht sehr konkurrenzfähig"
Die vereinfachte Prüfung habe ergeben, dass "die Marktanteile von Rewe in Österreich auch nach der Übernahme in einem begrenzten Rahmen bleiben würden, und dass Adeg auf dem österreichischen Markt derzeit nicht sehr konkurrenzfähig ist", betonten die EU-Behörde. In bestimmten Bezirken habe aber die Gefahr einer zu hohen Marktkonzentration und damit höherer Preise bestanden, die allerdings durch Zugeständnisse von Rewe, dort Filialen abzugeben, ausgeräumt worden seien.

"Die Entscheidung der Kommission ist letztlich eine sinnvolle Lösung. Wir sehen diese positiv, auch wenn uns mit der Abgabe von Standorten strenge Auflagen erteilt wurden", sagte Frank Hensel, Vorstandsvorsitzender der Rewe Group Austria, in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung der Europäischen Kommission.

28 Filialen an einen Dritten
Die Genehmigung für Rewe Austria, ihre Anteile an Adeg von 24,9 auf 75 Prozent aufstocken zu dürfen, wurde unter Auflagen erteilt. Demnach hat Rewe zugestimmt, in 28 der 121 politischen Bezirken die dort befindlichen Adeg-eigenen Regiebetriebe, also die Adeg-Kaufleute, an einen unabhängigen Dritten abzugeben und in diesen Bezirken darüber hinaus Maßnahmen zu setzen, die den selbstständigen Adeg-Kaufleuten einen Wechsel zu einer anderen Großhandelsorganisation erleichtern.

Für den Fall, dass es nicht zu einem hinreichenden Wechsel von Adeg-Kaufleuten zu einer anderen Organisation kommt, hat Rewe Austria zugesagt, in den betreffenden Bezirken eigene Filialen (von Billa, Merkur oder Penny) im entsprechenden Umfang abzugeben.

Bedenklich
Zuletzt war in Medienberichten die Rede davon, dass Rewe etwa 40 bis 50 Adeg-Filialen schließen oder verkaufen müsse und davon Umsatzeinbußen von rund 60 Mio. Euro entstünden. Die EU-Kommission definiert es als "für den Wettbewerb bedenklich", wenn Rewe und Adeg gemeinsam mehr als 50 Prozent des Einzelhandels in einem Bezirk beherrscht oder wenn Rewe 30 Prozent dominiert und durch die Übernahme in dem Bezirk um 5 Prozent wachsen würde.

Nach gründlicher Prüfung der Faktenlage und im Sinne einer positiven Entscheidung habe Rewe sich dazu entschlossen, der Kommission die Zusagen zu geben - nicht zuletzt, um im Interesse der Adeg das Verfahren zügig abzuschließen. "Wir appellieren nun an alle Marktteilnehmer, diese Lösung zu akzeptieren, schließlich geht es um die Erhaltung der Traditionsmarke Adeg und um wertvolle Arbeitsplätze in ganz Österreich", so Hensel weiter.

Wie berichtet hat die Konkurrenz angekündigt, sich bei einer positiven Entscheidung aus Brüssel an den Europäischen Gerichtshof wenden zu wollen.

Marke "Adeg" bleibt erhalten
Rewe werde den Prozess der Standortabgaben mit aller Sorgfalt und in Abstimmung mit den Einzelhändlern in den kommenden Monaten prüfen und damit die Auflagen umsetzen, wurde betont. Der Wechsel eines selbstständigen Kaufmannes in den betroffenen Bezirken zu einer anderen Handelsorganisation könne und werde selbstverständlich nur mit dessen Zustimmung erfolgen.

Auch nach Durchführung der genehmigten Anteilserhöhung werden der Adeg-Marktauftritt und die Marke Adeg erhalten bleiben.

Mit dem Ja aus Brüssel zur Rewe-Adeg-Ehe steigt die Marktkonzentration im österreichischen Lebensmittel-Einzelhandel weiter an, obwohl diese Marktbeherrschung schon jetzt im Europa-Vergleich herausragend hoch ist. Rewe hat mit Adeg nach den Marktdaten von ACNielsen 35,5 Prozent des österreichischen Einzelhandels - Rewe 30 Prozent, Adeg 5,5 Prozent - fest im Griff. Die Nummer zwei, Spar, kommt auf 27,7 Prozent. Die gemeinsame Marktmacht der großen drei Handelsketten Rewe, Spar und Hofer beträgt nach der Übernahme knapp 83 Prozent. In ganz Europa liegt die konzentrierte Macht der größten Drei nur in Skandinavien, Belgien und der Schweiz über 65 Prozent.

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