Geld

Das Milliardendebakel der BAWAG

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Mehr als zehn Jahre nach Auffliegen der ersten "Karibik"-Affäre der Gewerkschaftsbank wurde die BAWAG wieder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt. Spektakulärer als je zuvor.

Der Auslöser Refco
Die BAWAG gewährt im Oktober 2005 dem amerikanischen Derivathändler Refco einen Kredit von rund 350 Millionen Euro. Als Sicherung akzeptierte die BAWAG von Bennet etwa 34 Prozent Aktien an Refco. Wenige Tage später wird Refco-Chef Phillip Bennet wegen Bilanzfälschung verhaftet. Der Handel mit Refco-Aktien wird ausgesetzt und Refco unter Gläubigerschutz gestellt.

Zwettler Rücktritt wegen Kreditvergabe
Nach Bekannt werden des Kredits und der Refco-Pleite wird Kritik am Vergabeverfahren laut. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) kündigte daraufhin eine Sonderprüfung an. Im November 2005 trat der Vorstandsvorsitzende Zwettler trotz eines bis 2007 laufenden Vertrags zurück, um wieder Ruhe in die Bank zu bringen. Von damaligen Aufsichtsrats-Chef und ÖGB-Finanzboss Günter Weninger wird Ewald Nowotny als Nachfolger präsentiert.

Karibik-Geschäfte
Im März 2006 gibt die FMA bekannt, dass auch die hoch riskanten "Karibik-Geschäfte" der BAWAG, die im Zuge der Ermittlungen des Refco-Kreditdebakels bekannt wurden, einer Prüfung unterzogen werden. Schlüsselfigur in diesen riskanten Zins- und Währungsgeschäften war Investmentbanker Wolfgang Flöttl, Sohn des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl. Um die Milliardenverluste zu verschleiern wurden Briefkastenfirmen in der Karibik gegründet und für Geldflüsse Stiftungen dazwischen geschalten. Daher tauchten die Verluste nicht in den Geschäftsberichten der BAWAG auf.

Haftung des ÖGB
BAWAG-Aufsichtsratspräsident Weninger gibt bekannt, dass die Bank Ende 2000 hohe Verluste durch die Karibik-Geschäfte hatte, der Eigentümer ÖGB habe daher Haftungen übernommen. Von dieser Haftung sollen nur Weninger und EX-ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch gewusst haben.

Eine Milliarde Euro Verlust
Mit knapp einer Milliarde Euro beziffert BAWAG-Chef Nowotny den "ehemaligen Verlust", den die BAWAG unter anderm durch damalige Spekulationsgeschäfte und Finanzierungen erlitten hatte. Zu einem guten Teil sei dafür Wolfgang Flöttl verantwortlich. Aus der Refco-Kreditaffäre verbleibt der Bank für die Bilanz 2005 ein Wertberichtigungsbedarf von 392 Millionen Euro.

Ausschaltung der Kontrollen
Alle internen Kontrollorgane der BAWAG wurden vom Vorstand systematisch ausgeschaltet oder umgangen. In den Prüfberichten der Österreichischen Nationalbank liegen Protokolle über die so genannten Sonder-Vorstandssitzungen zu diesem Thema vor, in denen mehrmals vermerkt ist, dass die Sitzungsteilnehmer angewiesen wurden, nach allen Seiten Stillschweigen zu bewahren.

Staatshaftung
Im Mai 2006 übernimmt der Staat eine Haftung von 900 Millionen Euro. Die vier großen österreichische Banken und Versicherungen stellen 450 Millionen Euro über eine Sonderfinanzierungskonstruktion als Eigenkapital zur Verfügung.

Denn bei der Erstellung der BAWAG-Bilanz 2005 mussten die den Refco-Gläubigern zugesagten Zahlungen und die Abschreibung des gewährten Refco-Kredites berücksichtigt werden, das sind zusammen rund eine Milliarde Euro. Die BAWAG wäre ohne Hilfe nicht mehr in der Lage gewesen zu bilanzieren.

ÖGB-Bankrott
Mit der Verschmelzung der BAWAG mit der P.S.K. erhielt der Eigentümer ÖGB die Anteilsverwaltung BAWAG - P.S.K. AG (AVB). Die AVB bedeut für die Gewerkschaft – wie auch erst im Sommer 2006 bekannt wurde – rund 1,5 Milliarden Euro Schulden. Ein guter Verkaufs-Preis für die BAWAG P.S.K. ist daher nicht nur für die Refco-Gläubiger interessant, sondern vor allem für den ÖGB überlebenswichtig.

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