104. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess: Wolfgang Flöttl präsentierte einen Arbeitsvertrag von Karl Kinsky. Dieser bestritt, für Flöttl tätig gewesen zu sein.
Gemäß der vom Angeklagten Wolfgang Flöttl am Donnerstag im BAWAG-Prozess vorgelegten Dokumente war der Schwiegersohn von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, Karl Kinsky, offenbar doch für den Spekulanten tätig. Tags zuvor hatte er behauptet, nicht für Flöttl gearbeitet, sondern lediglich von diesem vermittelt worden zu sein.
Gerichtsgutachter Fritz Kleiner, nebenbei auch Englisch-Dolmetscher, übersetzte den englischen Arbeitsvertrag der Flöttl-Firma "Delta Asset Management Limited" mit Kinsky.
"Kinsky-Folder"
"Wo haben Sie die Unterlagen
plötzlich her?", wunderte sich Richterin Claudia Bandion-Ortner
über die nun, einen Tag nach der Zeugenaussage Kinskys von Flöttl
vorgelegten Dokumente. Er habe einen eigenen "Kinsky-Folder"
angelegt, antwortete Flöttl. Auf den Zwischenruf des Anwalts von Peter
Nakowitz, Rudolf Breuer, warum er zwar Unterlagen über Elsners
Schwiegersohn, aber keine Bücher seiner eigenen Firmen vorlegen könne,
reagierte Flöttl gereizt: Die elektronische Buchhaltung sei eben nicht mehr
vorhanden, man könne jedoch mit einiger Mühe alles nachkonstruieren, meinte
er.
44.711 Euro Anfangspauschale
In dem an Kinsky gerichteten
Schreiben von Flöttls Firma "Delta Asset Management Limited"
mit Sitz auf Bermuda wurde die von ihm zu erbringende Leistung als "wirtschaftliche
Analysen" und "Beratungstätigkeit" bezeichnet. Der
Arbeitsort ist nicht definiert. Die Bezahlung werde mit 70.000 Dollar
(44.711 Euro) Anfangspauschale und dann 70.000 Dollar jährlich netto nach
Steuern, zahlbar in monatlichen Raten, festgelegt. Laut Flöttls Anwalt
Herbert Eichenseder erhielt Kinsky von Flöttls Firma im Jahr 2000 278.000
Dollar, im Jahr 2001 222.000 Dollar.
Flöttl zahlte auch Übersiedlung
Auch die
Übersiedlungskosten der Familie Kinsky von London nach Wien habe Flöttl
zahlen müssen, so der Anwalt und las ein Fax von Kinsky an Flöttls
Sekretärin in New York vor, in dem er das günstigste Angebot für die
Übersiedlung - 5.300 Pfund - präsentierte, mit dem Ersuchen dies an "Wolfgang"
weiterzuleiten.
Kein Arbeitsort eingetragen
Laut Flöttl war im Arbeitsvertrag
noch kein Arbeitsort eingetragen, weil Kinsky "international arbeiten"
sollte. "Wir wussten nicht wo wir ihn unterbringen, Bermuda war zu
langweilig, dann haben wir auf London umgestellt". Elsner betonte
erneut, er habe mit dem Job seines Schwiegersohns nichts zu tun gehabt: "Ich
höre das hier zum ersten Mal, ich habe nichts davon gewusst",
sagte er. Sein Schwiegersohn habe sich seine Angelegenheiten immer selber
geregelt, er hätte auch nie - "wie der Schwiegersohn meines
Vorgängers" (Walter Flöttl, Anm.) - bei der BAWAG arbeiten wollen.
Konsequenzen für Kinsky
Für Kinsky könnte die Zeugenaussage
von Mittwoch Konsequenzen haben. Staatsanwalt Georg Krakow beantragte die
Übermittlung des Protokolls zur Prüfung eines Strafverfahrens wegen falscher
Zeugenaussage vor Gericht. Kinsky hätte sich als Angehöriger eines
Angeklagten der Aussage entschlagen können, von dem Recht hatte er nicht
Gebrauch gemacht.
Elsner wunderte sich erneut, wie der Mietvertrag seines Schwiegersohns überhaupt in den Gerichtsakt gekommen sei, und erhob Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft: "Ich habe stark den Verdacht, dass da von der Flöttl-Verteidigung mit der Staatsanwaltschaft zusammengearbeitet wurde, wie sollte es denn sonst gehen", meinte der Angeklagte. "Passen Sie auf, dass Sie sich nicht der Verleumdung schuldig machen", mahnte Richterin Claudia Bandion-Ortner. Auch Staatsanwalt Georg Krakow reagierte: "Herr Elsner, wenn Sie der Meinung sind es gibt eine strafbare Handlung, dann erstatten Sie Strafanzeige, aber reden Sie nicht so nebulos herum".