Der Wirtschaftsprüfer verteidigte die Genehmigung des BAWAG-Abschlusses 2000. Elsner ist vor Erschöpfung im Sall eingenickt.
Der angeklagte Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner hat Mittwoch vormittag nach mehreren kurzen Pausen die Verhandlung im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht verlassen. Zunächst wurde bei Elsner offenbar in einem Nebenraum auch ein EKG gemacht.
Eingenickt
"Müdigkeit ist keine Entschuldigung, das trifft viele
von uns", rügte Richterin Claudia Bandion-Ortner zunächst Elsner, der
offenbar auf der Anklagebank kurz eingenickt war. Sein Mandant sei 72 Jahre
alt und erschöpft, weil er wegen eines Dauerkatheters häufigen Harndrang
habe und daher in der Nacht kaum schlafen könne, erläuterte Elsner-Anwalt
Wolfgang Schubert. Sie wolle medizinische Details nicht in der Verhandlung
diskutieren, entgegnete daraufhin die Richterin.
"Ich hoffe, das liegt nicht an mir", kommentierte der Zeuge Florian Botschen, der gerade zu komplizierten Detailfragen der Wirtschaftsprüfung einvernommen wurde, den Abgang von Elsner. Mit dieser Äußerung löste der frühere Wirtschaftsprüfer und nunmehrige Bankvorstand Gelächter im Publikum aus. Die Verhandlung wird mit Einverständnis seines Anwalts ohne Elsner fortgesetzt.
ÖGB-Garantie "sinnvoll"
Als "sinnvoll"
bezeichnete der Wirtschaftsprüfer Johann Zöchling die Garantieerklärung, die
der damalige ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch im Namen des
Gewerkschaftsbunds im Februar 2001 zu Gunsten der damals noch mehrheitlich
im ÖGB-Eigentum befindlichen BAWAG abgegeben hatte. Die Bank sei vor dem
Problem gestanden, dass die vorhandenen Sicherheiten bei weitem nicht mehr
ausgereicht hätten, um die Verluste von 1,4 Mrd. Euro aus den so genannten
Sondergeschäften mit Wolfgang Flöttl abzudecken, so der Zeuge.
Notwendige Hilfe
"Entweder setzen wir unter unser
Prüfungsurteil ein Nein oder es muss etwas beigebracht werden",
beschrieb Zöchling die "einhellige Auffassung" der mit dem
BAWAG-Abschluss 2000 befassten KPMG-Prüfer. Neben dem "Hauptzuständigen",
Wirtschaftsprüfer Robert Reiter - heute einer der neun Angeklagten im
BAWAG-Prozess - waren drei weitere Mitarbeiter in diese Sache eingebunden.
Es sei eine "Hilfe von außen" nötig gewesen, weil die Bilanz
ansonsten nicht testiert hätte werden können, meinte Zöchling.
ÖGB-Vermögen vorgelegt
Die ÖGB-Garantie sei "rechtlich
gültig und wirtschaftlich fundiert" gewesen. An entsprechendem
Deckungsvermögen hätte letztlich kein Zweifel bestanden: "Nach
intensiver Diskussion sind wir zur Auffassung gelangt, dass das Vermögen
ausreicht." Günter Weninger, damals ÖGB-Finanzchef und
BAWAG-Aufsichtsratspräsident, hätte eine Auflistung des vorhandenen
ÖGB-Vermögens vorgelegt. Neben Liegenschaften und Beteiligungen soll darin
vor allem ein Bankguthaben in der Höhe von 363 Mio. Euro ausgewiesen worden
sein.
Das hätte ihn letztlich überzeugt, als "Zweitunterzeichner" seine Unterschrift unter den BAWAG-Abschluss 2000 zu setzen. "Mein Interesse war, dass dieser Weg sauber gegangen wird", bemerkte Zöchling. Er habe dabei "ein gutes Gefühl gehabt". Es habe "keine Restzweifel gegeben, dass man nicht unterschreiben soll."
Wie der Wirtschaftsprüfer erzählte, habe er im Vorjahr das seinerzeitig angegebene Deckungsvermögen "rekonstruiert". Zöchling kam zum Schluss: "Auch aus heutiger Sicht war immer eine ausreichende Vermögensdeckung gegeben." Der nach wie vor bei der KPMG tätige Prüfer war bestrebt, die Garantieerklärung als nichts Sensationelles darzustellen: "Besonders kreativ war die Idee nicht. Ein Mittel, das Gott sei Dank nicht häufig vorkommt, dass Sicherheiten von dritter Seite geschaffen werden. Aus Sicht des ÖGB aber eine sinnvolle Handlung."
Vetrauenskrise
Zöchling erklärte, er selbst habe von den
Sondergeschäften erst im Jänner 2001 erfahren. Dass die Karibik-Verluste und
die Haftungsübernahme des ÖGB nicht nach außen getragen wurden,
rechtfertigte er mit der "erheblichen Vertrauenskrise", die dies
seiner Ansicht nach ausgelöst hätte. Eine "Bestandsgefährdung"
der BAWAG wäre nach seinem Dafürhalten zwar nicht gegeben, ein "Run
auf die Bank" aber zu befürchten gewesen.
Keine Redepflicht
Auf die so genannte Redepflicht angesprochen,
die dem Gesetz zufolge Wirtschaftsprüfer in Ausnahmefällen zur Information
an den Aufsichtsrat verpflichtet, meinte Zöchling, dies sei "ein
äußerst scharfes, letztes Mittel". Die Redepflicht komme laut
Zöchling nur zum Tragen, "wenn Geschäfte gemacht werden, die die
Existenz der Gesellschaft bedrohen." Er dürfte dies im Fall der BAWAG
demnach nicht angenommen haben. Die gesetzlichen Bestimmungen zur
Redepflicht seien im Vorjahr verschärft worden, führte Zöchling aus.