Zwei Ex-Mitarbeiter werfen dem Unternehmen Schmiergeldzahlungen bei Ost-Zukäufen vor.
Zwei im Frühjahr dieses Jahres von der Erste Bank und ihrer Fondstochter Sparinvest fristlos entlassene Fondsmanager holen nun zum Gegenschlag aus und wollen der Erste Group die US-Justiz auf den Hals hetzen. Hans Leitner (40) und Hans Peter Andahazy (59) werfen der Erste Bank und ihrem Chef Andreas Treichl vor, bei ihrer Osteuropa-Expansion wiederholt Politiker und Regierungsbeamte bestochen zu haben. Bei der Ersten reagiert man betont gelassen - es handle sich um alte Vorwürfe, die man längst entkräftet habe.
Zwielichtige Geschäfte
Leitner und Andahazy wollen sich mit
ihrer Entlassung nicht abfinden und die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht
auf sich sitzen lassen - und haben am 24.9. 2009 ihrerseits Anzeige gegen
Sparinvest-Chef Heinz Bednar und drei weitere Personen wegen Beweisfälschung
erstattet, wie die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte. Der Vorwurf, als
Beweis vor Gericht gefälschte E-Mails vorgelegt bzw. diese Mails fabriziert
zu haben, richtet sich neben Bednar auch gegen den Sparinvest-Prokuristen
Winfried Buchbauer, den Chef der Rohstoffhandelsgesellschaft Firstar Europe,
Bernd Hagemann, und den Schweizer Stephane Hess.
Die Rohstoff-Handelsfirma Firstar, von der die Sparinvest-Führung über angeblich illegalen Goldhandel durch Leitner und Andahazy informiert worden war, soll nach Darstellung der beiden Beschuldigten erst 2008 gegründet worden und in zwielichtige Geschäfte verwickelt sein. Leitner und Andahazy wollen mehrere von Firstar Geschädigte ausfindig gemacht haben, die in der Lage und bereit seien, dies zu belegen. Firstar-Manager seien überdies in den CDU-Spendenskandal verwickelt gewesen, so ein weiterer Vorwurf. Man habe das FBI-Büro in Wien unter anderem über die widerrechtliche Verwendung des FBI-Logos durch Firstar sowie über eine Bankverbindung von Firstar zur Erste Bank informiert, sagte Leitner.
Klagen auf Abfertigung
Seitens der Sparinvest wollte man den
Vorwurf der Beweisfälschung nicht kommentieren. Grund für die fristlose
Entlassung sei eine von dem Unternehmen nicht genehmigte Firmengründung
(Andaleitrebco Ltd. mit Sitz in London) von Leitner und Andahazy gewesen,
sowie deren "Agieren im Umfeld von Goldhandel, das nicht akkordiert war",
sagte Sparinvest-Sprecher Dieter Kerschbaum. Jedenfalls hätten die beiden
auf eigene Rechnung agiert, "durch die Tätigkeit der beiden Mitarbeiter ist
kein einziger Sparinvest-Fonds geschädigt worden", betonte der Sprecher. Der
Darstellung, dass ihre Firmengründung nicht genehmigt gewesen sei,
widersprechen die beiden Entlassenen jedoch vehement - sie hätten vor
Gericht bereits Zeugen benannt, die bestätigen würden, dass die Gründung der
Firma mit der Sparinvest-Führung akkordiert gewesen sei. Unterdessen laufen
vor dem Arbeitsgericht in Wien die Klagen von Leitner und Andahazy "auf
Abfertigung, aber nicht auf Wiedereinstellung", wie beide betonten.
Parallel wollen Leitner und Andahazy eine zweite Front gegen die Erste eröffnen und bemühen sich dabei um die US-Justizbehörden als mächtigen Verbündeten. Die US-amerikanischen Anwälte der ehemaligen Sparinvest-Mitarbeiter prüfen ein Vorgehen gegen die Erste Group unter Berufung auf zwei US-Bundesgesetze, die vor allem die Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Korruption zum Ziel haben. Dabei handelt es sich um RICO (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act) und FCPA (Foreign Corrupt Practices Act).
Bestechung von Politikern
Der Hauptvorwurf: Bei ihrer
Osteuropa-Expansion habe die Erste Bank wiederholt über eigene Mitarbeiter
oder externe Berater Politiker und Regierungsbeamte bestochen, um bei
Unternehmenskäufen zum Ziel zu kommen. So sei etwa bei der Übernahme der
Ceska Sporitelna in Tschechien der damalige stellvertretende Vorsitzende der
konservativen Demokratischen Bürgerpartei ODS, Miroslav Macek, dafür belohnt
worden, dass er die Übernahme erleichtert habe. Auch der damalige
tschechische Finanzminister und der Nationalbank-Gouverneur hätten von der
Ersten direkt oder indirekt Schmiergeld kassiert, so der Vorwurf.
Tatsächlich ist Macek damals nach einem Bericht der Tageszeitung "Mlada
fronta dnes", wonach er von der Erste Bank ein Beratungshonorar in Höhe von
10 Mio. Kronen (heute rund 386.000 Euro) im Zusammenhang mit der
Privatisierung erhalten habe, von seinen Parteiämtern zurückgetreten.
Ähnliche Vorfälle habe es bei der Privatisierung der Slovenska Sporitelna (Slowakei) oder der rumänischen BCR (Banca Comerciala Romana) gegeben, sagen Leitner und Andahazy, beide langjährige Mitarbeiter der Erste Group. Warum man erst jetzt damit an die Öffentlichkeit gehe? "Die 'Whistleblower'-Funktion ist im österreichischen Recht nicht verankert, darum können wir erst jetzt, als ehemalige Mitarbeiter, diesen Schritt setzen", erklärte Leitner.
Tatbestand der Verschwörung
Leitner und Andahazy verweisen
darauf, dass es in den USA keine Verjährung gebe. Möglich sei die
Einschaltung der US-Behörden, weil die Erste mit ADR (American Depositary
Receipts) in New York börsenotiert sei und über eine Banklizenz mit Filiale
in den USA verfüge. Auf RICO hatte sich 1996 auch GM bei seiner
Schadenersatz-Klage gegen VW, VW-Chef Ferdinand Piech und den Manager Jose
Ignacio Lopez wegen Industriespionage berufen. Bei Verstößen gegen den FCPA
drohen erhebliche Geldstrafen bis hin zum doppelten Volumen der durch
Korruption erlangten Aufträge. "In Summe kann es dabei um Milliardenbeträge
gehen", betonte Leitner.
Der zweite mögliche Tatbestand, den man von der US-Justiz prüfen lassen wolle, sei die Verschwörung - denn darum handle es sich beim Zusammenwirken von Erste Bank, Sparinvest und Firstair bei der behaupteten Beweisfälschung im Zuge der fristlosen Entlassung der beiden Fondsmanager.