Die Energiemarktreform steht: Zur stärkeren Trennung von Produktion und Netz ist ein Verkauf aber nicht verpflichtend.
Die geplante Zerschlagung der EU-Energiekonzerne wird nicht kommen. Die EU-Energieminister haben sich bei ihrem Treffen am Freitag in Luxemburg in Grundzügen auf eine stärkere Trennung zwischen Produktion und Übertragung geeinigt, allerdings dürfen die Unternehmen ihre Netze weiter behalten und müssen sie nicht verkaufen.
Österreich setzte sich durch
Österreich, Deutschland und
Frankreich hatten sich massiv für eine dritte Variante zu dem von der
EU-Kommission vorgeschlagenen Zwangsverkauf bzw. die Abgabe an einen
Unabhängigen Netzbetreiber eingesetzt. Sie haben sich damit letztlich gegen
den Widerstand der EU-Kommission und von Ländern, die ihre Netze bereits
abgespalten haben, wie England, Niederlande oder Dänemark, durchgesetzt.
Eine Einigung auf das gesamte Energiepaket wird bis Jahresende angestrebt, wirksam werden könnte es dann 2011. Das EU-Parlament muss noch zustimmen.
Bartenstein zufrieden
ÖVP-Wirtschaftsminister Martin
Bartenstein zeigte sich erfreut über den Grundsatzkompromiss. "Das ist ein
Nein zu einer recht willkürlichen Zerschlagung der europäischen
Energiekonzerne, und da sehe ich schon einen klaren Vorteil", so der
Minister. Vorbehalte meldete er neuerlich gegen die geplante Agentur für die
Zusammenarbeit der Energieregulatoren an.
Einigung mit Auflagen
Der Kompromiss der Minister für die
"unabhängige Übertragungsgesellschaft" (ITO) enthält strenge Auflagen für
die personelle und strukturelle Trennung zwischen Netztöchtern und ihren
Konzernmüttern: Manager dürfen erst nach einer Übergangsfrist von drei bzw.
vier Jahren Aufsichtsräte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft wechseln,
knapp die Hälfte des Aufsichtsrats muss aus unabhängigen Personen bestehen,
bei deren Bestellung der Energie-Regulator mitreden darf. Zudem wird die
Wirkung der Maßnahmen auf den Wettbewerb zwei Jahre nach Inkrafttreten
überprüft.
Gleiches Recht für alle
In einer Zusatzklausel, die weiter
umstritten ist, sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben,
"Maßnahmen" zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass gleiche
Spielregeln herrschen, obwohl künftig drei verschiedene Modelle der
Entflechtung im EU-Energiemarkt existieren. Nach Ansicht Bartensteins bietet
diese Klausel aber keine Möglichkeit, künftig nicht-entflochtene Unternehmen
wie etwa den Verbund an Investitionen in anderen Ländern zu hindern.
Vonseiten des Energie-Regulators hieß es, mit einer Reduktion der Energiepreise dürfe nicht gerechnet werden. Eine unzureichende Trennung zwischen Netzen und Vertrieb schwächt den Wettbewerb.
Verbund, Tiwag und VKW
Betroffen von der Reform wären in
Österreich die Übertragungsnetze von Verbund, Tiwag und VKW. Für die Netze
in Tirol und Vorarlberg will Bartenstein eine Ausnahme verhandeln. Beim
Verbund erwartet er Änderungen durch die neuen Regeln für Aufsichtsräte,
aber "nichts Substanzielles, nichts Dramatisches".