Die EU-Kommission fordert von den Mitgliedsstaaten mehr Engagement im Kampf gegen die Ausbeutung junger Arbeitskräfte.
"Trotz der Bemühungen einzelner Staaten wurden keine wirklichen Fortschritte erzielt", beklagte EU-Arbeitskommissar Vladimir Spidla am Montag. Insbesondere kritisierte er die "Ausbeutung" junger Arbeitskräfte durch schlecht oder gar nicht bezahlte Praktikumsplätze. Im kommenden Jahr möchte er daher eine "europäische Qualitätscharta" für Praktika vorschlagen.
"Skandalöses Sozialdumping"
Viele Firmen würden
schlecht bezahlte Arbeitsplätze als "Praktika" tarnen und damit
"Sozialdumping" betreiben, kritisierte Spidla bei einer Pressekonferenz mit
Bildungskommissar Jan Figel in Brüssel. Auf mögliche Inhalte der
"Qualitätscharta" - etwa Mindestlöhne oder eine maximale Dauer - wollte er
nicht eingehen. Das Ziel sei jedenfalls, dass vollwertige Jobs, nicht
Praktika, ersetzt würden, betonte Spidla. Als "skandalös" bezeichnete er
unbezahlte Praktikumsplätze.
Psychologen begrüßen Vorstoß
"Wir begrüßen den
Vorstoß von EU-Beschäftigungskommissar Vladimir Spidla, den Missstand
unbezahlter Praktika aufheben zu wollen" reagierte heute die Präsidentin des
Berufsverbandes Österreichischer Psychologen und Psychologinnen, Ulla
Konrad, auf den Vorschlag, Jungakademiker als billige Arbeitskräfte zu
missbrauchen. Dies entspreche einer jahrelangen Forderung des Verbandes.
"Wir brauchen adäquat bezahlte Fachausbildungsstellen für Jungpsychologen,
ähnlich den Ärzten.
Jeder dritte Praktikant fühlt sich ausgebeutet
Von über 400
befragten Praktikanten in Österreich fühlt sich jeder Dritte ausgebeutet.
Unter jenen, die bereits ein Studium abgeschlossen haben, ist die
Unzufriedenheit sogar doppelt so hoch. Zwei von drei Absolventen empfanden
sich ausgenutzt. Dies geht aus einer Studie des Vereins "Generation
Praktikum" hervor.
Aussicht auf Anstellung nur vage
Statt eines richtigen Jobs
werden viele Jungakademiker in ein Praktikum gedrängt, oft mit der vagen
Aussicht auf eine Anstellung. Eine Erwartung, die sich für die meisten nicht
erfüllt. "Nur einer von zehn Praktikanten wird angestellt", so
Studienautorin Anna Schopf. An ihrer "nicht repräsentativen" Studie nahmen
400 Personen teil, darunter Studenten und Akademiker. Laut eigenen Angaben
ist es die erste groß angelegte österreichische Befragung zur "Generation
Praktikum".
Einheitliche Regelung gefordert
"Das klassische
Schnupperpraktikum gibt es kaum noch. Zwei Drittel meinen, sie leisten das
Gleiche wie ihre Kollegen", so Schopf zum "Falter". Ihr Verein, die
Plattform "Generation Praktikum", fordert die Abschaffung der
Absolventenpraktika und einheitliche kollektivvertragliche Regelung für alle
Praktikanten.