Für die größten Kreditinstituten soll es bereits ab kommendem Jahr ein einheitliches Kontrollorgan geben, so sollen auch Krisen früher erkannt werden.
In Europa sind derzeit rund 50 Banken grenzüberschreitend tätig. Für die größten dieser Kreditinstitute werde es bereits im kommenden Jahr eine einheitliche europaweite Aufsicht geben, kündigte Kerstin af Jochnik, Vorsitzende des Komitees der Europäischen Bankenaufseher (Committee of European Banking Supervisors - CEBS) heute, Mittwoch, bei einem Vortrag in Wien an. Die Arbeit an den dafür eingerichteten Aufsichtscolleges grenzüberschreitend wichtiger Banken habe derzeit höchste Priorität. Bei der Umsetzung der Aufsichtscolleges gebe es aber noch immer einiges zu tun, etwa die Entwicklung von "good practises". Vor allem müsste das Aufsichtskonzept auch praktikabel sein. "Ich hoffe sehr, dass wir Erfolg haben", sagte Jochnik.
Das für eine einheitliche europäische Bankenaufsicht eingerichtete Modell der je nach Bank in eigenen Aufsichtscolleges zusammenarbeitenden nationalen Aufseher hat sich gegenüber dem "Lead-Supervisor"-Modell durchgesetzt. In diesen Colleges werden relevante Informationen der Bankzentralen und der nationalen Aufsichtsbehörden, in denen die Bankgruppe tätig ist, zusammengeführt. Die Beaufsichtigung selbst erfolgt aber weiter durch die lokale Aufsicht. Mit den Colleges gibt es auch einen einheitlichen Ansprechpartner.
Frühinterventionsmechanismus hat Priorität
Höchste
Priorität im Arbeitsprogramm von CEBS habe derzeit das Krisenmanagement und
der Frühinterventionsmechanismus, führte Jochnik aus. Das Management der
aktuellen Finanzkrise überrage alles andere. Wichtig sei dabei ein schneller
Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden und die Erstellung von
Richtlinien für allgemein wichtige Themen. Zusätzlich werden auch die
Auswirkungen der nationalen Bankenhilfspakete zu berücksichtigen sein. Die
Früherkennung von Krisen - noch bevor sie ausbrechen - sei ebenfalls eine
der vordringlichsten Aufgaben, der sich das CEBS derzeit stelle. Dazu werde
gerade von der EU-Kommission ein Weißbuch erarbeitet, an dem mitgearbeitet
werde.
Periodische Risikoabschätzung als weiterer Schwerpunkt
Zu
den weiteren Arbeitsschwerpunkte der europäischen Bankenaufseher zählen laut
Jochnik die Themen Transparenz und Veröffentlichungen, periodische
Risikoabschätzungen, Liquiditätsrisikomanagement, Hybrid-Kapital-Instrumente
sowie harmonisierte Aufsichtsberichte und Trainingsprogramme für die
Aufseher, mit dem Ziel, eine allgemeine Aufsichtskultur zu entwickeln.
Herbert Pichler, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer begrüßte die Schritte in Richtung eines dezentralen europäischen Bankenaufsichtssystems und eine verbesserte Harmonisierung des Rechtsrahmens, warnte aber vor Überregulierung und zusätzlichen Belastungen für die Institute.