09. Mai 2008 10:18
Donnerstagabend ist nach Vorarlberg und dem Burgenland auch in der
Steiermark die Freigabe für den Einsatz von Streptomycin gegen die
Obstbaumkrankheit Feuerbrand erfolgt. In Vorarlberg sind rund 14 Hektar
Anbaufläche im Rheindelta mit dem Antibiotikum behandelt worden, sagte
Ulrich Höfert von der Vorarlberger Landwirtschaftskammer am Freitag.
Insgesamt wendeten damit im Ländle bisher neun Betriebe das Mittel auf rund
16,5 Hektar Obstanbaufläche an.
In der Steiermark und im Burgenland wurde das Mittel bis dato von keinem
Bauern eingesetzt, sagte Rosemarie Wilhelm von der Landwirtschaftskammer
Steiermark. Zehn bis 15 Prozent der steirischen Apfelbäume stehen in Blüte,
bei den Birnen sind es nur noch etwa ein Prozent. Ein Großteil der Apfel-
und Birnkulturen sei "über dem Berg", hieß es in einer Aussendung der
Landwirtschaftskammer Steiermark. Für Birnen ist die Freigabe erstmals vor
einer Woche erfolgt. Aufgrund der warmen Witterung sei die potenzielle
Feuerbrandgefahr hoch.
"Jeder Obstbauer wehrt sich eigentlich dagegen, das Mittel einzusetzen",
sagte Lorenz Spielhofer, Obmann der steirischen Obstbauern. "Für uns ist das
nicht angenehm." Ein Streptomycin-Einsatz sei nur das wirklich letzte Mittel.
Einsatz unter strengen Auflagen
Ein möglicher Einsatz von
Streptomycin erfolge unter strengsten Auflagen und Kontrollen, sagte
Wilhelm. Möchte es ein Bauer einsetzen, müsse er die genaue Fläche dem Land
Steiermark melden. Dann werde die zulässige Menge an Spritzmittel berechnet.
Dem Landwirt wird in Folge ein Bezugsschein vom Land ausgestellt, mit dem er
das Antibiotikum kaufen darf.
Die betroffenen Obstkulturen der AMA-Gütesiegelproduzenten werden ab sofort
einem zusätzlichen Rückstandsmonitoring unterzogen. Kann Streptomycin in den
Früchten nicht mehr nachgewiesen werden, ist dieses Kernobst nach der Ernte
im Herbst berechtigt, das AMA-Gütesiegel zu führen. Allerdings wird das
Gütesiegel bei Einsatz von Spritzmitteln für die Dauer der Blüte bis zur
Ernte stillgelegt.
Auch Bienenzüchter fürchten das Spritzmittel
Auch wenn
man Streptomycin im Obst nicht nachweisen kann, haben die Bienenzüchter der
Region, in der das Feuerbrand-Spritzmittel erlaubt ist, mit einem möglichen
Imageschaden zu kämpfen. Denn Antibiotika-Rückstände sind im Honig sehr wohl
nachweisbar. Der Honig aus den betroffenen Gebieten muss untersucht werden.
Können Antibiotika-Rückstände nachgewiesen werden, wird der Honig aus dem
Verkehr gezogen. "Grenzwerte akzeptieren wir Imker grundsätzlich nicht",
sagte der steirische Imkerbund-Präsident Josef Ulz. Es wird nur völlig
rückstandsloser Honig an die Konsumenten weitergegeben.
Scharfe Kritik an der erfolgten Freigabe des Antibiotikums Streptomycin im
Kampf gegen den Feuerbrand übten die Umweltorganisation Global 2000 und die
Grünen. "Streptomycin ist ein Antibiotikum, das beim Menschen zur Behandlung
von Tuberkulose gebraucht wird. Durch die missbräuchliche Anwendung von
Streptomycin im Obstbau drohen immer mehr Krankheitserreger des Menschen
resistent zu werden", hieß es in einer Aussendung der Umweltorganisation am
Freitag. Die Grünen schlugen vor, den Feuerbrand besser alternativ zu
bekämpfen und auf Qualitätslabels wie in manchen Regionen der Schweiz zu
setzen.
Feuerbrand ist unheilbar
Gegen Feuerbrand selbst gibt es derzeit
kein Heilmittel. Um eine Verbreitung der Krankheit zu verhindern, müssen die
Pflanzen geschnitten und vernichtet werden. Vor einer Ausbreitung des
Erregers schützt nur das Antibiotikum Streptomycin oder ein biologisches
Präparat, das aus Hefe-Pilzen besteht.
Feuerbrand grassiert seit 1993 in Österreich und befällt vor allem
Kernobst-Bäume wie Apfel, Birne oder Quitte sowie einige Ziergehölze wie
etwa den Feuerdorn. Die Hauptinfektionszeit ist während der Blüte der Bäume
und Sträucher. Auch Bienen, Hummel oder Ameisen tragen zur Verbreitung des
Bakteriums bei. Besonders gefährlich sind Tage mit Temperaturen um 18 Grad
und einer hohe Luftfeuchtigkeit.