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Flöttl will sich mit 5 Mio Euro freikaufen

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Mit einer Überraschung wartete der angeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl heute auf. Das Urteil ist für Freitag geplant.

Fast ein Jahr nach Beginn des BAWAG-Strafprozesses wird nun diese Woche das Urteil gefällt. Am Montag, am bereits 116. Verhandlungstag, konnten die Angeklagten noch ein persönliches Schlusswort abgeben. Danach zog sich das Schöffengericht, bestehend aus zwei Berufsrichterinnen und zwei Laienrichterinnen, zur Beratung zurück. Für Freitag wird der Spruch des Gerichts erwartet.

Überraschung Flöttls
Mit einer Überraschung wartete der angeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl auf. Nach dem Ende seines Schlusswortes, in dem er sich den Ausführungen seiner Anwälte anschloss, meinte Flöttl, "es ist mir ein besonderes Anliegen und wirkliches Bedürfnis, mit der BAWAG auf gleich zu kommen". Mit der Bank habe er darüber schon Gespräche geführt, er hoffe nun, dass er dieses Ziel durch "intensive Arbeit" erreichen könne. Er bat das Gericht, wenn möglich dafür eine entsprechende Basis zu schaffen.

Brief von Flöttls Frau
In der Folge übersetzte und verlas Richterin Claudia Bandion-Ortner ein Schreiben von Flöttl-Ehefrau Anne Eisenhower, in dem es unter anderem heißt: "Sehr geehrte Frau Rat, ich möchte mit diesem Brief bestätigten, dass mein Mann wieder begonnen hat, einen Teil meines Vermögens zu verwalten". Weiters schreibt Frau Eisenhower, dass ihre Ehe aufrecht geblieben sei, dass diese Veranlagungen erfolgreich seien und die Basis für ein zukünftiges Berufsleben bilden sollten. Sie warnte gleichzeitig davor, dass eine "Stigmatisierung" durch eine Freiheitsstrafe diese Bemühungen zerstören und die weitere Geldaufbringung behindern könnte.

Will Geld überweisen
Aufgrund der erfolgreichen bisherigen Veranlagung könne sie Flöttl bereits jetzt für eine Dreijahresperiode eine Summe von 5 Mio. Dollar (3,2 Mio. Euro) garantieren. Falls ihrem Mann die Möglichkeit gegeben werde, seine Geschäfte wieder aufzunehmen, würde sie diesen Betrag an das Gericht überweisen. Diese 5 Mio. Dollar stünden dem Gericht zur freien Verfügung, etwa für Gerichtskosten. Der verbleibende Betrag könnte zur Schadenswiedergutmachung verwendet werden, verlas die Richterin. Der Brief ist datiert mit 24. Juni.

Elsner macht Anfang
Zuvor machte der Hauptangeklagte, der ehemalige Generaldirektor Helmut Elsner, den Anfang bei den Schlussworten. In seinem Schlusswort stand er zwar Vertrauen in Wolfgang Flöttl als "Fehler" ein, sein eigenes Vorgehen im Zusammenhang mit den hohen Verlusten der Bank durch Flöttls Spekulationen verteidigte er jedoch. "Der größte Fehler in meinem Leben war, Dr. Flöttl vertraut zu haben. Heute weiß ich, dass das falsch war", sagte Elsner, der vermutlich zum letzten Mal in der Mitte des Gerichtssaals gegenüber von Richterin Claudia Bandion-Ortner Platz nahm. Er habe es aber nie für möglich gehalten, dass es zu namhaften Verlusten komme.

Falsche Einschätzung
Die BAWAG habe von 1995 an, ab der Wiederaufnahme der Geschäfte mit Flöttl, bis zum Jahr 2000 das Risiko der Verträge mit Flöttl falsch eingeschätzt, dieser falschen Einschätzung seien aber auch das Finanzministerium und die Nationalbank unterlegen, meinte Elsner. "Die BAWAG hat damals nicht durchschaut, dass die Risikobegrenzung nicht reicht und die Verpfändung deswegen keinen Wert besitzt", sagte Elsner. Die BAWAG wurde von 1995 bis 2003 von Elsner geführt.

Nächste Seite: Lesen Sie hier, was Elsner über seine Beziehung zu Flöttl sagt.

Fehler, Flöttl zu trauen
Sein Vertrauen in Wolfgang Flöttl sei aber dadurch gestärkt gewesen, dass dieser aus der Familie des Generaldirektors Walter Flöttl stammte, dessen Lebensinhalt die Gewerkschaftsbank gewesen sei. "Ich hätte mir nie erwartet, dass Flöttl der Gewerkschaftsbank schaden könnte", meinte Elsner. Er sehe es heute natürlich als "Fehler" an, die Geschäfte 1995 wieder aufgenommen zu haben. "Dass ich ihm geglaubt habe, war sicherlich aus heutiger Sicht ein Fehler. Ich habe es damals aber nicht für möglich gehalten, dass Flöttl alles auf eine Karte setzt."

Nach dem ersten großen Verlust 1998 habe er Flöttls Angaben über die Ursache der Verluste vertraut, "zumal er sich mit den Verlusten in guter Gesellschaft befunden hat", so Elsner. Nur das Vertrauen in Flöttl sei der Grund gewesen, nach den Verlusten 1998 wieder neue Geschäfte mit ihm einzugehen. "Hätten wir die wahre Ursache der Verluste erhoben, hätten wir ihm sicher kein Geld mehr gegeben", sagte Elsner: In der "ex-post-Betrachtung", also im Nachhinein, sei es ein Fehler gewesen.

Politisch motiviert
Elsner sieht zudem die Anklage gegen ihn offenbar politisch begründet, und zwar wegen des früheren Eigentümers der BAWAG: "Meine Vorstandskollegen und ich sitzen nur hier, weil die BAWAG dem ÖGB gehört", sagte er in seinem etwa halbstündigen Schlusswort, das er weitgehend vorlas. "Ich verlange Gleichbehandlung für mich mit all den Vorstandskollegen rund um die Erde, deren Unternehmen mehr als 1.000 Mrd. Dollar verloren haben." In keinem einzigen Fall sei ein Strafverfahren geführt worden, und wenn sei es zu Freisprüchen gekommen.

"Verluste kommen in der Finanzwelt immer wieder vor", erinnerte Elsner und nannte die Länderbank und die Creditanstalt als Beispiele. Auch die "neue BAWAG" habe im Jahr 2008 neue Verluste für 2007 im Umfang von 400 Mio. Euro eingefahren, "das wird aber kaum mehr wahrgenommen, weil ein amerikanischer Hedgefonds eingestiegen ist, und das jetzt keine politische Relevanz mehr besitzt", meinte der Angeklagte.

Notwendig, andere Quellen anzuzapfen
Der ÖGB habe niemals einen einzigen Cent in die Bank eingeschossen, auch seien keine Mitgliedsbeiträge verloren gegangen, verteidigte Elsner sein Vorgehen. Da der ÖGB abnehmende Einnahmen gehabt habe durch den Rückgang der Mitgliederzahlen und die BAWAG durch die Betriebsratsgeschäfte eine geringe Zinsspanne hatte, sei es notwendig gewesen, "auch andere Quellen anzuzapfen", wiederholte Elsner seine Verteidigung, die Bank hätte ertragreiche Geschäfte gebraucht. Durch die "diskrete Verdauung der Verluste" sei kein einziger Mitarbeiter freigesetzt worden. "Ich bin überzeugt, dass alle Vorstandsmitglieder alles unternommen haben um die Bank zu retten".

"Aus heutiger Sicht entsteht der Eindruck, dass wir Wahnsinnige waren, die einem Wahnsinnigen vertraut haben", meinte Elsner in Hinblick auf die Geschäfte mit Flöttl. Er habe den Präsidenten des ÖGB, damals Fritz Verzetnitsch, und den Aufsichtsratspräsidenten und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger über die Verluste informiert. Verzetnitsch und Weniger hätten immer alles unternommen, um der Bank zu helfen. "Ich bin Weninger nicht böse für seine Angriffe", daran sei wohl dessen Anwalt Richard Soyer schuld. Weninger hatte im Prozess mehrmals Elsner vorgeworfen, ihn getäuscht und hintergangen zu haben.

Beratung
Nach den Schlussworten der neun Angeklagten im BAWAG-Strafprozess, die vonseiten des Ex-BAWAG-Chefs Helmut Elsner recht ausführlich, von den anderen Angeklagten jedoch ziemlich kurz ausgefallen sind, hat sich das Schöffengericht heute Montagvormittag, am 116. Verhandlungstag, zur Beratung zurückgezogen.

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