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Großrazzia bei Siemens

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200 Steuerfahnder durchsuchten Firmen-Standorte und Wohnungen von Managern. Kolportierte Festnahmen wurden nicht bestätigt.

Nach Vorwürfen der Untreue in Millionenhöhe gegen sechs Mitarbeiter haben Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Großrazzia mehrere Standorte des deutschen Siemens-Konzerns durchsucht. Wie die Münchner Oberstaatsanwaltschaft mitteilte, beschlagnahmten rund 200 Polizeibeamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte am Vortag mehrere Stunden lang Unterlagen und mögliche Beweismittel. Siemens erklärte, dass sich der Verdacht gegen sechs Mitarbeiter im Bereich der Festnetzsparte richte. Den möglichen Schaden bezifferte das Unternehmen auf "einen niedrigen zweistelligen Millionen Betrag".

Festnahmen nicht bestätigt
Der Bayerische Rundfunk berichtete, dass bei der Polizeiaktion auch mehrere Haftbefehle vollstreckt worden seien. Oberstaatsanwalt Anton Winkler wollte dies nicht kommentieren. Er bestätigte jedoch, dass insgesamt rund dreißig Objekte durchsucht worden seien. Dabei handle es sich um Büroräume an mehreren Siemens-Standorten in München und Erlangen sowie um Privatwohnungen.

"Es wird ermittelt wegen des Verdachts der Untreue", sagte Winkler. Informationen von "Spiegel Online", wonach es um Schmiergeldzahlungen des Konzerns an potenzielle Auftraggeber gehe, wollte Winkler ebenfalls nicht kommentieren. "Wir müssen erst noch weitere Ermittlungen abwarten."

Einzelgeschäfte der Festnetzsparte
Siemens erklärte, der Konzern habe "an einer umfassenden Aufklärung der Vorfälle hohes Interesse". Es bestehe der Verdacht der Veruntreuung bei einer noch nicht geklärten Zahl von Einzelgeschäften der Festnetzsparte. " Beschuldigt sind insgesamt sechs ehemalige und noch aktive Mitarbeiter des Unternehmens."

Spiegel Online: Veruntreuung und Bestechung
"Spiegel Online" berichtete, die Ermittlungen richteten sich gegen teils hochrangige Mitarbeiter des Konzerns. Es bestehe der Verdacht, dass Angestellte im großen Stil Siemens-Vermögen veruntreut hätten, unter anderem, um Bestechungsgelder an mögliche Auftraggeber zu zahlen. Der Transfer soll teilweise auch über Auslandskonten, unter anderem in der Schweiz, abgewickelt worden sein. Ein Siemens-Sprecher betonte jedoch, dass mögliche Schmiergeldzahlungen an potenzielle Auftraggeber klar gegen die internen Konzernrichtlinien und die Siemens-Geschäftsgrundlagen verstoßen würden.

Auf UNO-Liste
Siemens-Mitarbeitern war in der Vergangenheit immer wieder Untreue und Bestechung vorgeworfen worden. In den neunziger Jahren waren fünf Siemens-Angestellte wegen der Zahlung von Schmiergeldern an Ingenieurbüros zum Teil zu Haftstrafen verurteilt worden. Die Vereinten Nationen führten Siemens darüber hinaus auf einer Liste von Firmen, deren Beschäftigte Amtsträger des früheren Regimes des irakischen Diktators Saddam Hussein bestochen haben sollen. Der Konzern hatte die Anschuldigung aus dem vergangenen Herbst zurückgewiesen.

Bestechungsskandal im Frühjahr
Erst im Frühjahr erhob die hessische Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen zwei frühere Manager der Kraftwerksparte, weil sie Mitarbeiter des italienischen Energiekonzerns Enel bestochen haben sollen. Die beiden Manager wurden beschuldigt, zwischen 1999 und April 2002 an zwei Geschäftsführer des einst staatlichen italienischen Energieunternehmens Enel über sechs Mio. Euro Bestechungsgelder gezahlt zu haben, um an Aufträgen für Siemens-Gasturbinen bei zwei Großprojekten zu kommen.

Insgesamt soll sich der Konzern bei dem damaligen Projekt nach Angaben der Staatsanwaltschaft zusammen mit lukrativen Wartungsverträge damals Aufträge in Höhe von 338 Mio. Euro gesichert haben.

Winkler betonte aber, die jetzigen Vorfälle stünden nicht in Verbindung zu dem hessischen Verfahren.

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