Belegschafts-Aktionäre: Der Vorstand habe durch mangelhafte Umsetzung der Geschäftsrichtlinien systematische Korruption ermöglicht.
Die Siemens-Spitze muss sich wegen der Schmiergeldaffäre und der Pleite der früheren Handysparte BenQ Mobile auf massiven Gegenwind bei der Hauptversammlung im Jänner einstellen. Der Verein der Siemens-Belegschaftsaktionäre will sowohl dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat die Entlastung verweigern. Der Vorstand habe durch mangelhafte Umsetzung der Geschäftsrichtlinien systematische Korruption ermöglicht, was das Ansehen der Firma schwerstens beschädigt habe, schreibt der Verein in einem Gegenantrag zur Hauptversammlung.
Gehaltserhöhung trotz Personalabbaus
Auch den Aufsichtsrat
treffe eine Mitschuld. Außerdem sei nicht hinnehmbar, dass das Gremium dem
Vorstand eine Gehaltserhöhung um 30 Prozent genehmigte, während gleichzeitig
in vielen Bereichen Personal abgebaut werde. Der Verein der
Belegschaftsaktionäre versteht sich als Sprachrohr der
Siemens-Beschäftigten, die selbst Aktien halten. Der Antrag ist auf der
Internetseite von Siemens veröffentlicht.
Vorstandschef Kleinfeld wusste von Konto
Der Vorstand habe trotz
Vorliegen deutlicher Hinweise auf Verstoß gegen den Ethik-Codex der Firma
bereits in 2005 und zum Frühjahr 2006 nicht konsequent und zeitnah
gehandelt. Ein Siemens-Sprecher hatte am Wochenende erklärt, Vorstandschef
Klaus Kleinfeld habe seit Anfang 2006 von einem verdächtigen Konto in der
Schweiz gewusst. Ihm sei dessen Existenz im Zuge der Ermittlungen der
Schweizer Behörden bekannt geworden, über die der Vorstand und er Anfang
2006 informiert wurden.
Kleinfeld vor Gericht?
Die Staatsanwaltschaft München hat noch
keine Entscheidung über eine Anhörung von Kleinfeld getroffen. "Wir werden
erst in etlichen Wochen oder sogar Monaten wissen, ob wir Herrn Kleinfeld
als Zeugen benötigen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian
Schmidt-Sommerfeld am Mittwoch in München. Zunächst müsse das gesamte
Ermittlungsmaterial gesichtet werden. Alle fünf zuletzt noch inhaftierten
Beschuldigten in der Siemens-Affäre bleiben weiter auf freiem Fuß. Sie waren
vor Weihnachten gegen Auflagen aus der Haft entlassen worden.
Siemens verklagt Anwalt
Die Staatsanwaltschaft ging nach ersten
Ermittlungen davon aus, dass Siemens-Mitarbeiter etwa 200 Mio. Euro beiseite
geschafft und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt haben. Siemens wehrte
sich am Mittwoch erneut gegen den Vorwurf, Mitarbeiter der
Korruptionsbekämpfung seien in die Affäre verwickelt. Der Anwalt eines
Beschuldigten habe in der vergangenen Woche in der ARD-Sendung "Monitor"
gesagt, Mitarbeiter der so genannten Compliance Abteilung hätten von dem
System gewusst und dieses sogar unterstützt. Dabei habe er sich auch über
den Leiter der Abteilung geäußert. Wegen dieser Äußerungen habe Siemens bei
der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Verleumdung gegen den Anwalt erhoben.
Die Abteilung sei in den laufenden Ermittlungen zentraler Ansprechpartner
auf Siemens-Seite für die Münchner Staatsanwaltschaft und habe sich sehr
kooperativ gezeigt.