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KHG zu Krise + Freundschaft mit Meinl

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Für Karl-Heinz Grasser ist die Verschrottungsprämie Geldverschwendung, sonst ist er ganz zufrieden mit den Anti-Krisen-Maßnahmen der Regierung.

Bester Laune, braun gebrannt nach dem Osterurlaub auf den Malediven sitzt Karl-Heinz Grasser an seinem Schreibtisch. Dort, wo jetzt sein Arbeitsalltag stattfindet, in den hellen Büroräumen seiner Beratungsfirma Valuecreation in der Wiener Innenstadt. Das Mobiliar hat seine Frau Fiona Swarovski entworfen – edles Holz mit integrierten funkelnden Ornamenten. Den Schreibtisch ziert ein Stier aus dunklem Kristall. Alles elegant, aber nicht protzig.

Kommunikationsprofi
„Am liebsten würde ich gar nicht mehr in den Medien vorkommen“, sagt Grasser. Er sei jetzt eigentlich Privatperson. Aber als Kommunikationsprofi durch und durch weiß er, wann er Krisenfeuerwehr in eigener Sache spielen muss. Rund um die Causa Meinl war das diese Woche wieder angesagt. Die Firma Meinl International Power, für die der Ex-Finanzminister seit gut eineinhalb Jahren als Manager arbeitet, wird auf Betreiben kritischer Aktionäre aufgelöst; Grasser legt seine Tätigkeit für Meinl nieder. Da musste er halt doch wieder eine Pressekonferenz geben.

Meinl-Zerschlagung
„Geierfonds machen auf dem Rücken der Anleger Kasse“, kommentiert Grasser die Zerschlagung der Meinl-Firma. Diese Etappe seines Berufslebens habe in einer Niederlage gemündet, gibt er zu. Aber es sei eine wichtige Erfahrung, „wenn sich der Kapitalismus, den ich eigentlich schätze, in einer extrem aggressiven Form plötzlich gegen einen selbst richtet“.

Unternehmer KHG
Noch rund sechs Wochen wird es dauern, bis er die Geschäfte der Meinl-Firma ordentlich übergeben hat. Dann widmet sich KHG – neben der Familie – voll den Projekten seiner Firma. Aber nur beraten will der 40-Jährige auf Dauer nicht. „Ich überlege, auch jenseits der Beratung unternehmerisch tätig zu werden“, sagt er. Details möchte er noch nicht verraten. Ab 2011 gehe es mit der Wirtschaft wohl aufwärts, ob er dann seine neue Firma gründen werde? „Nein, das muss schneller gehen, ich bin ungeduldig.“

Nie mehr Politik
Dass er mit der Politik endgültig abgeschlossen hat, fällt schwer zu glauben – angesichts des Engagements, mit dem er Rezepte gegen die Wirtschaftskrise diskutiert. Aber: Eine Rückkehr in die aktive Polit-Laufbahn sei ausgeschlossen, sagt Grasser. Auf der Straße wird er nach wie vor häufig darauf angesprochen. „Die Leute kommen und sagen: Warum sind Sie nicht dabei geblieben und Bundeskanzler geworden?“ Umgekehrte Reaktionen gebe es auch, nach dem Motto: „Gott sei Dank sind Sie nicht mehr in der Politik.“ „Ich polarisiere halt“, erklärt der Ex-Minister.

„Emotionaler Knüppel“
Die im Wochentakt schlimmeren Prognosen zum Schrumpfen der Wirtschaft wundern Grasser nicht. „Mich überrascht eher, dass zwar viel darüber geschrieben wird, aber die Krise real immer noch irgendwie ignoriert wird.“ Mit dem Maßnahmenpaket der Regierung ist er im Großen zufrieden – im Detail passt ihm einiges nicht. So sei die Verschrottungsprämie „Geldverschwendung“. Und auf Banken, die Steuermilliarden bekommen, müsse mehr Druck zur Kreditvergabe an Unternehmen ausgeübt werden.

Ganz strikt ist Grasser gegen neue Abgaben, etwa eine Reichensteuer. „Den emotionalen Knüppel auszupacken und zu sagen, wir schröpfen diese grauslichen Reichen, schürt nur soziale Spannungen.“

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Das ganze Interview

ÖSTERREICH: Herr Grasser, hätten Sie damit gerechnet, dass die Wirtschaftskrise so schlimm wird?

Karl-Heinz Grasser: Ehrlich gesagt, ja. Ich bin eher überrascht, dass sich das Ausmaß der Krise noch nicht richtig rumgesprochen hat. Es wird ja noch schlimmer. Nüchtern analysiert ist es so, dass die Arbeitslosigkeit 2010 Rekordniveau erreicht. Die Auswirkungen der Krise auf die breite Masse stehen erst bevor.

ÖSTERREICH: Eine wie hohe Arbeitslosigkeit droht uns?

Karl-Heinz Grasser: Dass es in Europa über 10 % geht, ist sicher.

ÖSTERREICH: Wird die Arbeitslosenquote auch in Österreich zweistellig?

Karl-Heinz Grasser: Das erwarte ich nicht. In Österreich ist die Arbeitslosigkeit traditionell niedrig, 2008 waren wir noch bei 4 %, das ist nahe an dem, was ökonomisch Vollbeschäftigung ist. Aber ich denke, dass wir auf 8 % kommen.

ÖSTERREICH: Sie sagen, das Krisengefühl sei in der Bevölkerung noch nicht angekommen. Sollten wir anfangen, uns einzuschränken?

Karl-Heinz Grasser: Im Gegenteil. Der politische Aufruf muss ja sein, zu konsumieren. Es ist gut, dass wir weiter mit optimistischer Grundhaltung leben. Aber jeder sollte jetzt zwei Mal überlegen, was er sich wirklich leisten kann.

ÖSTERREICH: Tut die Regierung genug gegen die Krise?

Karl-Heinz Grasser: Genug ja – aber man hätte es schneller machen können. Und manches wie die Verschrottungsprämie ist Geldverschwendung. Das konserviert nur das Strukturproblem, dass es eine Überproduktion von Autos gibt.

ÖSTERREICH: Was hätten Sie anders gemacht, wenn Sie noch Finanzminister wären?

Karl-Heinz Grasser: Wir hätten das Paket deutlicher fokussiert auf kleinste Einkommensgruppen. Das bringt auch volkswirtschaftlich etwas, denn die geben das Geld wirklich aus, weil sie müssen. Und unsere Investitionsprämie hätte ich zeitlich befristet wieder eingeführt. Das hatte den Vorteil, dass Firmen für zusätzliche Investitionen sofort 10 Prozent des Betrags vom Staat ausgezahlt bekamen. In Zeiten einer Kreditkrise hätten Firmen bei den Banken damit ein super Argument.

ÖSTERREICH: Das Bankenpaket reicht also nicht?

Karl-Heinz Grasser: Da hätte ich erwartet, dass die Regierung stärkeren Druck macht. Wenn Banken Milliarden Steuergeld brauchen, muss sichergestellt sein, dass Klein- und Mittelbetrieben Kredite zur Verfügung gestellt werden.

ÖSTERREICH: Macht Ihnen das Budgetdefizit Sorgen?

Karl-Heinz Grasser: Natürlich. Der Vizekanzler plant 5 Prozent in den nächsten Jahren. Irgendwer muss die Schulden zahlen. Ein schwerer Rucksack für die nächste Generation.

ÖSTERREICH: Was halten Sie von einer Reichensteuer?

Karl-Heinz Grasser: Nichts. Den emotionalen Knüppel auszupacken und zu sagen, wir schröpfen diese grauslichen Reichen, ist ein zu schlichter Ansatz und gesellschaftspolitisch unverantwortlich.

ÖSTERREICH: Wie lange dauert die Krise noch?

Karl-Heinz Grasser: 2009 ist ganz schlimm, 2010 wird auch kein gutes Jahr. 2011/12 geht es aufwärts. Aber nicht mehr so rasch wie vorher.

ÖSTERREICH: Sie reden sehr engagiert über diese Themen. Reizt Sie eine Rückkehr in die Politik gar nicht?

Karl-Heinz Grasser: Das schließe ich definitiv aus. Man kann sich das nur eine Zeit lang antun, und in dieser Zeit hat es mir extrem viel Spaß gemacht. Da gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, die man in einem Unternehmen so nie hat. Aber von der Lebensqualität her ist es nicht vergleichbar.

ÖSTERREICH: Inwiefern?

Karl-Heinz Grasser: Kürzlich hab ich mir meinen Terminkalender von 2006 angeschaut – ich konnte es nicht fassen. Man verdrängt diese Dauerbelastung, zurück bleibt nur das Spannende, Schöne.

ÖSTERREICH: Haben Sie noch Kontakt zu Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel?

Karl-Heinz Grasser: Nicht sehr intensiv. Aber wir sind einander in Freundschaft verbunden, sehen uns alle paar Wochen oder Monate.

ÖSTERREICH: Werden Sie auf der Straße oft angeredet?

Karl-Heinz Grasser: Ja, ich polarisiere nun mal. Viele sagen mir: Warum sind Sie nicht dabei geblieben und Bundeskanzler geworden? Andere meinen: Gott sei Dank sind Sie nicht mehr in der Politik. Wobei – das lese ich eher von Journalisten, die mich nicht mögen, auf der Straße begegnet mir das eigentlich nicht.

ÖSTERREICH: Wie sieht jetzt Ihr Arbeitsalltag aus?

Karl-Heinz Grasser: Ich arbeite immer noch viel – und gerne. Derzeit konzentriere ich mich auf meine Beratungsfirma Valuecreation. Das läuft recht gut, da gibt es sehr interessante Projekte. Gleichzeitig denke ich daran, mich auch jenseits der Beratung unternehmerisch zu betätigen.

ÖSTERREICH: Sie wollen ein Unternehmen gründen? In welchem Bereich?

Karl-Heinz Grasser: Das ist noch in der Überlegungsphase.

ÖSTERREICH: Wie schaut ein typischer Tag bei Ihnen aus?

Karl-Heinz Grasser: Ich gehe so um 8 Uhr außer Haus und komme gegen 19 Uhr zurück. Dann verbringe ich Zeit mit der Family. Meine Frau geht dann schlafen, die Kinder sowieso früher – ich setze mich meist noch so von 10 bis 12 oder 11 bis 1 Uhr hin und arbeite meine E-Mails ab. Weil ich’s gerne mache. Aber am Wochenende hab ich zumindest meistens frei – das hatte ich früher nie.

ÖSTERREICH: Verdienen Sie jetzt mehr als die rund 200.000 Euro jährlich in der Politik?

Karl-Heinz Grasser: Ja.

ÖSTERREICH: Sind Sie mit Julius Meinl noch befreundet?

Karl-Heinz Grasser: Ja. Für mich endet Freundschaft doch nicht bei Problemen.

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