Nächstes Jahr dürfte die Staatsverschuldung 70 Prozent des BIP betragen. Der Grund ist u.a. das Bankenpaket.
ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll wird angesichts der Wirtschaftskrise als Finanzminister mit der höchsten Staatsverschuldung der Zweiten Republik in die Geschichte eingehen. Das dürfte angesichts der sich abzeichnenden Zahlen bereits jetzt feststehen: Der Chef des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, rechnet für 2010 mit einem Schuldenstand von über 70 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ein derartig hoher Wert wurde von der Statistik Austria bisher noch nie gemessen. Der Schuldenabbau des vergangenen Jahrzehnts wird damit wieder wettgemacht.
Weit über EU-Grenze
Die bisherige Rekordverschuldung wurde
1996 erreicht: Damals lag der Schuldenstand bei 68,3 Prozent der
Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) bzw. 123 Mrd. Euro. Die
Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung Euro zwang dann zum Sparen,
da die Stabilitätskriterien für die Länder der Euro-Zone eine Verschuldung
unter 60 Prozent des BIP vorsehen. Dieser Wert wurde nach einem mühsamen
Sparkurs 2007 mit 59,4 Prozent erreicht - der Erfolg blieb aber einmalig:
Schon 2008 stieg die Verschuldung wieder auf 62,5 Prozent.
Bankenpaket und Defizite
Schuld an der im Vorjahr gestiegenen
Verschuldung war unter anderem das Bankenpaket, so Felderer. Die
Kapitalspritzen für die Banken wurden mit acht Mrd. Euro an neuen Schulden
finanziert. Für heuer und kommendes Jahr geht der Wirtschaftsforscher davon
aus, dass der Schuldenstand des Staates auch ohne mögliche weitere
Belastungen durch das Bankenpaket und durch Staatsgarantien für
Unternehmenskredite noch weiter steigen wird - und zwar auf etwa 65 Prozent
2009 und 70 Prozent 2010. Schuld daran sind die steigenden laufenden
Defizite von bis zu 3,5 Prozent 2009 und vier Prozent 2010.
Kein Kommentar vor Budgetrede
Im Finanzministerium will man
genaue Zahlen vor der Budgetrede von Finanzminister Pröll noch nicht
kommentieren, nur so viel: "Klar ist, dass die deutlich schlechtere
Konjunktur auch zu deutlich schlechteren Verschuldenszahlen im Vergleich zum
Regierungsprogramm führen wird." Zudem hätte eine weitere Verschlechterung
des internationalen Umfeldes auch Auswirkungen auf Österreich, heißt es.
Zumindest die für das Bankenpaket aufgenommenen Kredite sollen allerdings
rasch "rückgeführt" werden, weil die Banken das Geld in den nächsten Jahren
zurückzahlen müssen.
Das bisher höchste laufende Defizit hatte übrigens Ferdinand Lacina (S) als Finanzminister der rot-schwarzen Koalition 1995 zu verantworten. Damals machte das Minus bei 5,8 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.