Am 110. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess hat sich Helmut Elsner erneut mit Richterin und Staatsanwalt angelegt.
Für eine Kritik an der Verhandlungsführung der Richterin, der er wegen ihrer Fragen nach Details seiner Karibik-Reisen die Veranstaltung einer "Show" im Gerichtssaal vorwarf, erhielt der Angeklagte wieder einmal eine Rüge. Dem Staatsanwalt hielt Elsner Parteilichkeit zugunsten des mitangeklagten Spekulanten Wolfgang Flöttl vor.
Prozess-Ende zeichnete sich bereits ab
Das nahe Ende des
Verfahrens zeichnet sich bereits ab. Die ergänzenden Fragen an die
Angeklagten brachten nur mehr Randaspekte zutage, der vermutlich allerletzte
Zeuge bestätigte bereits vorliegende Unterlagen. Noch zwei "reguläre"
Verhandlungstage finden am Donnerstag und am nächsten Montag statt, bevor
dann am nächsten Dienstag die Plädoyers beginnen sollen. Mit einem Urteil
des Schöffengericht über die neun Angeklagten ist am 3. oder 4. Juli zu
rechnen, erklärte Richterin Claudia Bandion-Ortner.
Flöttl besaß Anteile an Drogeriekette
Die langwierigen
Verlesungen am Nachmittag konnten eine Schulklasse, die den Prozess im
Rahmen des Religionsunterrichts besucht hatte, nicht lange im Gerichtssaal
halten. Im Rahmen der Verlesungen wurde jedoch bekannt, dass Wolfgang Flöttl
nach eigenen Angaben 15 Prozent einer Drogeriekette besessen hatte, deren
Mehrheitseigentümer die Meinl-Gruppe war. Elsner schilderte, dass ihm Flöttl
diesbezüglich ein Geschäft angetragen habe: Flöttl habe aus einer
Übertragung von Aktien der Drogeriekette noch Forderungen an Meinl.
"Kleines Investement"
"Er (Flöttl) hat mich gefragt, ob
wir ihm das ablösen und wir dann auf den Meinl losgehen, das habe ich
abgelehnt", so Elsner: "Ich habe ihm gesagt, er soll dem Meinl sagen, er
soll diesen Junk (Mist, Anm.) zurücknehmen". Flöttl meinte, er sei nur mit
einigen Mio. Dollar beteiligt gewesen - "ein kleines Investment, das für
mich wertlos war". Zu der von Elsner geschilderten vorgeschlagenen
Transaktion meinte Flöttl: "Meinl war ein Freund von mir, ich wollte ihn
damit nicht konfrontieren". Letztlich sei es ohnehin nicht zustande
gekommen. Elsner wollte nämlich offenbar nicht auf Meinl losgehen.
Casino Austria-Finanzvorstand befragt
Begonnen hatte der Tag mit
der neuerlichen Befragung des Finanzvorstands der Casinos Austria, Josef
Leutgeb. Dieser bestätigte, dass die Casinos Austria in ihrer Bilanz das
geschlossene Casino Jericho zwar abgeschrieben hätten, das Finanzamt diese
Abschreibung allerdings nicht anerkannt hatte. Erst ab dem Jahr 2003 war in
der Steuerbilanz eine Abschreibung zulässig. Relevant ist diese Frage im
Zusammenhang mit dem Anklagepunkt Bilanzfälschung, den besonders die
Verteidigung des mitangeklagten Wirtschaftsprüfers Robert Reiter intensiv
bekämpft. Reiter vertritt den Standpunkt, dass auch in der BAWAG-Bilanz die
Abschreibung zum Casino Jericho bzw. der CAP Holding nicht im Jahr 2002
erfolgen hätte sollen. Gutachter Thomas Keppert hatte dies jedoch gefordert
und unter anderem deswegen die BAWAG-Bilanz 2002 für falsch erklärt.
Flöttls Flugdaten im Visier
Flöttl präsentierte heute 15
Jahre alte Flugdaten zu einem Flug mit seinem Privatflugzeug nach Barbados
im Jahr 1993. Flöttl wollte damit untermauern, dass auf der Karibik-Insel
damals doch eine Sitzung des Verwaltungsrats seiner Firma Morissa
stattgefunden habe, an welcher Elsner teilgenommen habe. Elsner bestreitet
dies, er sei damals mit seiner Frau Ruth zu einem Urlaubsaufenthalt auf
Barbados gewesen. Elsners Anwalt Wolfgang Schubert wunderte sich, dass
Flöttl die 15 Jahre alten Flugdaten vorlegen könne, seine Bilanzen und seine
Buchhaltung aus den Jahren der Verluste mit BAWAG-Geldern aber nicht.