Geld

So billig war das Geld noch nie

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Zinsen in Europa fallen jetzt auf neues Rekordtief . Kreditnehmer atmen auf. Die Sparer sind sauer.

Am Donnerstag senkte die Europäische Zentralbank den Leitzinssatz auf ein Prozent. Betroffen sind davon sowohl Sparer als auch Kreditnehmer.

Im Kampf gegen die Wirtschaftskrise hat die Europäische Zentralbank (EZB) jetzt die Zinsen für die Eurozone auf ein historisches Tief gesenkt. Die Währungshüter lockerten den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent – so tief wie noch nie.

Dadurch will die EZB der kriselnden Wirtschaft neuen Schub geben. Ziel der Zinssenkung ist, dass sich Banken bei der Zentralbank günstiger mit Geld versorgen können und in Folge auch billigere Kredite vergeben.

Körberlgeld für Banken
Anlageexperten zufolge sind die Zinsen für Neukredite in den vergangenen Monaten trotzdem zu wenig gesunken. Sparer hingegen erleben seit Oktober eine Talfahrt der Zinsen. Und betroffen sind davon viele, gibt es hierzulande doch über 24 Mio. Sparbücher mit Einlagen von 150 Mrd. Euro. Natürlich ist diese Entwicklung kein Zufall. Schließlich verdienen die Banken an der Differenz zwischen Spar- und Kreditzinsen kräftig. Und selten zuvor waren sie auf dieses Geld so angewiesen wie in diesen Tagen.

Ungewisse Zukunft
Wer sich also die höheren Sparzinsen sichern will, sollte schnell zuschlagen, denn wann die Banken erneut ihre Konditionen senken und ob das Ende der EZB-Leitzinssenkungen schon erreicht wurde, ist ungewiss. „Dieses historisch niedrige Niveau von einem Prozent könnte aus unserer Sicht vorerst das Ende des Zinssenkungszyklus markieren“, glaubt Gudrun Egger von der Erste Group.

Allerdings hat sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet zuletzt nicht mehr gegen weitere Zinskürzungen gestemmt: „Wir haben nicht entschieden, dass der neuen Zins der niedrigste ist.“ Der Leitzins könnte also – sollte sich die Wirtschaftslage weiter verschlechtern – unter die Marke von einem Prozent sinken. Eine Null-Zins-Politik, wie in den USA oder Japan, schließt die EZB aber aus.

Für ÖSTERREICH haben Christian Prantner, AK-Wien-Geldexperte, sowie Bank Austria-Spezialisten die wichtigsten Fragen rund um Sparzinsen und Kredite beantwortet:

1) Warum sinkt der Leitzins seit Monaten?
Die EZB will so die Konjunktur ankurbeln und die Börsen beruhigen. Denn wird Geld günstiger, steigt die Investitionstätigkeit von Firmen und Verbrauchern.

2) Sinken damit sofort die Sparzinsen?
Viele Banken haben die Zinssenkung vorweggenommen und ihre Sparzinsen schon reduziert. In den nächsten Tagen werden einige Institute sicherlich die Zinsen weiter senken. Wer also ein Sparbuch eröffnen will, sollte schnell handeln.

3) Welche Bindungsfrist ist derzeit ratsam?
Fürs Ansparen eigen sich Prämiensparbücher mit variablen Zinsen, die angepasst werden. Bei Kapitalsparbüchern mit fixen Zinsen sollte das Geld eher kürzer gebunden werden, da bei einer Konjunkturerholung 2010 die Zinsen steigen.

4) Wo finde ich die Bestbieter bei den Spar- & Kreditzinsen?
Nix ist fix. Je höher der Betrag und je besser die Kundenbeziehung zur Bank, desto leichter können lukrativere Konditionen verhandelt werden. Einen Überblick bietet www.bankenrechner.at.

5) Wie sicher ist mein Geld bei der Bank?
Für private Konten (auch Bausparen) gibt es die Einlagensicherung des Bundes in unlimitierter Höhe. Ab 2010 wird die Haftung 100.000 Euro pro Kunde betragen.

6) Werden Neukredite jetzt günstiger?
Ja, aber nicht sofort. Die Zinsen für Neukredite sollten sich zwar am Zinsniveau orientieren, allerdings sinken sie klar langsamer als die Sparzinsen. Auch hier gilt: Verhandeln kann Kredite verbilligen. Dafür wird jetzt die Bonität strenger geprüft.

7) Werden laufende Kredite nun günstiger?
Laufende Kredite werden billiger, wenn sich die in den Kreditverträgen vereinbarten Referenzzinssätze verändern. Bei vielen Kreditverträgen gibt es nur quartalsweise oder noch ungünstigere Zinsanpassungsregeln.

8) Was tun mit einem Fremdwährungskredit?
Die Zinsen für Fremdwährungskredite werden zwar auch leicht fallen. Die Finanzkrise hat aber gezeigt, dass vor allem Währungsaufwertungen den Kredit schnell wieder verteuern. Fazit: Jeder, der auf den Euro umsteigen will, sollte jetzt mit seiner Bank über Umstiegsmodalitäten verhandeln. Die Bank Austria verlangt für den Wechsel keine Spesen.

9) Wirkt sich die Zinssenkung auch auf das Bausparen aus?
Die Bausparkassen rechnen längerfristig und werden nicht unmittelbar reagieren. Verzinsung und staatliche Prämie zusammen garantieren immer noch eine attraktivere Rendite als Sparbücher.

10) Wie wird es mit den Zinsen im Euro-Raum weitergehen?
Analysten glauben nicht an weitere Senkungen. EZB-Chef Trichet hat diese Frage aber überraschend offen gelassen. Sollte sich die Konjunkturkrise verschärfen, könnten die Zinsen nochmals sinken.

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