Museumspolitik

Direktorenvertrag Seipels wird nicht verlängert

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Der Direktor an dem sich die Geister schieden. Wilfried Seipel, der umstrittene Direktor des Kunsthistorischen Museums, muss Ende 2008 gehen.

Der Vertrag des Generaldirektors des Kunsthistorischen Museums mit Museum für Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum (KHM), Wilfried Seipel, wird über das Vertragsende am 31.12.2008 hinaus nicht mehr verlängert. Dies habe Kulturministerin Claudia Schmied (S) Seipel heute mitgeteilt, hieß es in einer Aussendung des Ministeriums. Seipel war damit knapp 18 Jahre lang an der Spitze der Kulturinstitution.

Seipel reagiert verständnisvoll
"Damit endet mit kommendem Jahr eine verdienstvolle über 17 Jahre andauernde Leitungsperiode, in der Dr. Wilfried Seipel das KHM maßgeblich geprägt hat", so die Aussendung, "Dr. Seipel zeigt für diese Entscheidung großes Verständnis. Sie gibt der Bundesministerin die Möglichkeit, durch eine neue Führungspersönlichkeit langfristige Weichenstellungen für eine erfolgreiche Zukunft des Kunsthistorischen Museum durchzuführen."

Einvernehmliche Lösung
Als Teil dieses einvernehmlichen Vorgehens werde Seipel jedoch "bis zu seiner Pensionierung Ende 2009 dem KHM und der neuen Leitung als Partner zur Verfügung stehen. Diese Entscheidung ist insofern erfreulich, da angesichts der relativ knappen Zeitspanne bis zum Dienstantritt der neuen Leitung eine gut vorbereitete Übergangszeit besonders wichtig ist." Dieser Schritt werde "mit höchster gegenseitiger Wertschätzung aller Beteiligten gesetzt", Schmied spreche Seipel "ihren höchsten Dank für seine langjährige Tätigkeit aus", hieß es weiters.

Die Nachfolge
Die Ausschreibung der Geschäftsführung des KHM werde nun "gut vorbereitet und im Oktober oder November veröffentlicht", sagte Kulturministerin Claudia Schmied (S). Es sei zwar richtig, dass die für Herbst angestrebte Diskussion über Rahmenzielvereinbarungen und mögliche Neustrukturierungen innerhalb der Museumslandschaft auch für das KHM Auswirkungen haben könnte, "es gibt aber gewisse Grundstrukturen, die sich ebenso wenig verändern werden wie der Grundauftrag".

Seipels Zeit im KHM
Die Ausgliederung des Museums und die Erweiterung seiner Aufgabenbereiche fiel in seinen Aufgabenbereich, das Museum wurde damit verwaltungsmäßig auf ganz neue Beine gestellt. Eine Zeit aber auch, in der Kritiker immer wieder Stoff für heftige Angriffe fanden: Den spektakulären Diebstahl der später wieder gefundenen "Saliera" etwa oder die gesalzene Kritik in einem Rechnungshof-Bericht.

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Rücktrittsforderungen
Im Zuge des "Saliera"-Diebstahls wurde mit Rücktrittsaufforderungen an Seipel nicht gespart. Und die Kritik wurde nicht eben leiser, als nach der Verhaftung und späteren Verurteilung des Einzeltäters klar wurde, wie relativ leicht die Sicherheitsvorkehrungen des Museums für Robert Mang zu überwinden waren.

Seipel trotzte Angriffen
Doch Seipel konnte sich nicht nur in dieser Causa der Rückendeckung durch die damals für Museen zuständige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V), der er nach dem Diebstahl den Rücktritt angeboten hatte, sicher sein: Auch bei den heftigen Angriffen rund um einen kritischen Rechnungshof-Bericht stellte sich die Ministerin hinter den seit 1990 amtierenden KHM-Generaldirektor, der ebenso durch eine vom Museum ausgerichtete Geburtstagsfeier für den damaligen Kunststaatssekretär Franz Morak (V) in das Schussfeld von Medien und Opposition geriet. Mit dem Regierungswechsel verlor Seipel diese bedingungslose politische Rückendeckung. Seit 1. April 2007 steht ihm Paul Frey als neuer kaufmännischer Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums (KHM) zur Seite.

Reaktionen: Einigkeit bei Grüne und FPÖ
"Besser spät als nie" kommentiert der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, die Ankündigung, dass Wilfried Seipels Vertrag als Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums nicht verlängert werde. "Einerseits müssen wir froh darüber sein, dass die Ära Seipel endlich ein fixes Ablaufdatum hat, andererseits sind weitere 15 Monate der Unfähigkeit und Verschwendung im größten und bedeutendsten Museum Österreichs nicht akzeptabel und jedenfalls kein Grund für Euphorie", so Zinggl in einer Aussendung.

Als erfreulich bezeichnete FPÖ-Kultursprecher Herbert Kickl den Umstand, dass der Vertrag von KHM-Direktor Seipel nicht verlängert wird. Diese Entscheidung sei längst überfällig gewesen. Spätestens nach dem Saliera-Diebstahl und den vernichtenden Rechnungshofberichten hätte Seipel eigentlich den Hut nehmen müssen.

Wilfried Seipel: Eine Biografie
Wilfried Seipel wurde am 5. Juni 1944 als Sohn eines Apothekers in Wien geboren. Er studierte an der Universität Wien Klassische Philologie, Alte Geschichte, Indogermanistik, Orientalistik sowie Ur-und Frühgeschichte und Assyrologie. 1966-70 studierte er in Heidelberg, erwarb sein Diplom und arbeitete als Assistent an der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek, danach als Assistent am Ägyptologischen Institut der Uni Berlin. 1978 promovierte er an der Universität Hamburg und arbeitete anschließend am Österreichischen Archäologischen Institut in Kairo. Nach einer weiteren Assistenten-Tätigkeit in Konstanz und der Vertretung einer Professur für Ägyptologie in Hamburg wurde Seipel 1983 Direktor des Städtischen Museums Konstanz und ab 1985 Direktor des OÖ. Landesmuseums in Linz. Dort sorgte er mit Großausstellungen und zahlreichen Aktivitäten wie einem IMAX-Kino für neuen Publikumszustrom.

Wilfried Seipel, Generaldirektor
Seit dem 1. Oktober 1990 leitet Wilfried Seipel das KHM als Generaldirektor. Er führte das Museum zunächst in die Teilrechtsfähigkeit. Mit Beginn des Jahres 1999 erhielt das Museum die Vollrechtsfähigkeit als wissenschaftliche Anstalt, seither ist Wilfried Seipel als Geschäftsführer auch wirtschaftlich für die Institution verantwortlich. Von 1995 bis zum Jänner 2004 bespielte er das Palais Harrach als Dependance, 2001 übernahm er das Völkerkunde-und das Österreichische Theatermuseum in seinen Wirkungsbereich. Großausstellungen wie "Gold der Pharaonen" (318.000 Besucher), "El Greco" (373.000 Besucher), "Bruegel" (367.000) oder "Kaiser Karl V." (280.000) sorgten für regen Zustrom. Zuletzt kam frohe Kunde aus dem KHM: Mit zusätzlichen Mitteln, die das Kulturministerium in Aussicht gestellt habe, können die Kunstkammer sowie das Völkerkundemuseum fertig renoviert werden - "ein großer Wurf", wie sich der Generaldirektor freute. Bei der für 2009 vorgesehenen Eröffnung wird er nicht mehr an der Spitze der betreffenden Häuser stehen.

Seipels gute Taten
Seipel hat nicht nur die internationale Vernetzung des Hauses vorangetrieben und ist über eine Kooperation Guggenheim und de Eremitage verbunden. Der Konservative mischt auch in der heimischen Kulturpolitik stark mit: Er gilt als einer der federführenden Berater bei der Erarbeitung der Grundlagen zur Ausgliederung der Museen, ist Präsident des Vereins der Freunde zur Erhaltung und Betreuung des künstlerischen Nachlasses von Fritz Wotruba und wurde 2001 Publikumsrat im ORF. 2000 erhielt er den Berufstitel "Professor" und 2001 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur 1. Klasse verliehen.

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