Fenstersturz-Drama

Jugendamt will unbefristete Obsorge für Rengina

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Die Aussagen des Mädchens sprechen für die Befürchtung. Laut Polizei gibt es noch kein eindeutiges Ärzteurteil.

Nach dem glimpflich ausgegangenen Sturz eines zehnjährigen Mädchens aus dem dritten Stock eines Wiener Wohnhauses, will das Jugendamt das unbefristete Sorgerecht für die kleine Bulgarin. Der Unfall am Samstagvormittag im Bezirk Wieden brachte ältere Verletzungen und damit den Verdacht auf Misshandlung ans Tageslicht. Erzählungen des Mädchens sprechen laut Jugendamtssprecherin Gabriele Ziering für diese Befürchtung. Bei der Polizei hieß es am Dienstag, es gebe kein eindeutiges Urteil der Ärzte.

"Rengina hat schon einiges erlebt"
"Es schaut schon eher in diese Richtung aus, dass sie da einiges erlebt hat", meinte Ziering über die Vergangenheit des Mädchens. Nachdem das Krisenzentrum der Familie bereits am Samstag die Obsorge kurzfristig entzogen hatte, wird das Jugendamt nun einen gerichtlichen Antrag auf eine Verlängerung einbringen. Das Sorgerecht soll dem Amt dabei bis auf weiteres unbefristet übertragen werden.

Ursache der Verletzungen noch nicht eindeutig geklärt
Den Verdacht auf Misshandlung gebe es weiterhin, laut Ärzten lassen sich die Verletzungen des Mädchens jedoch nicht eindeutig auf eine Ursache zurückführen, hieß es am Dienstag bei der Polizei. Die Ermittler nehmen weiterhin an, dass das Mädchen nicht versehentlich beim Spielen aus dem Fenster gestürzt ist. Vielmehr dürfte das alleine in der Wohnung eingesperrte Kind zu flüchten versucht haben. Die Zehnjährige hatte laut eigenen Angaben Angst vor der Mutter.

Mutter: "Vernachlässigung keine Misshandlung"
Die Frau und ihr Halbbruder bestreiten den Misshandlungs-Verdacht weiterhin. Die Staatsanwaltschaft wird nun anhand des Ermittlungsberichts über eine Anklage entscheiden. Die Mutter und ihren Halbbruder wurden wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht, Freiheitsentziehung und Quälens oder Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen angezeigt.

Rengina will zurück nach Bulgarien
Am Dienstag fand ein ausführliches Gespräch des Mädchens mit einer Psychologin statt, so das Jugendamt. Die Zehnjährige wolle derzeit von ihrer Familie - ihrer Mutter und ihrem Onkel - weg. Bei der Polizei äußerte das Kind, das gemeinsam mit ihrem Onkel vor fünf Monaten nach Wien gekommen war, den Wunsch zu ihren Verwandten nach Bulgarien zurückkehren zu wollen. Die Mutter ist bereits seit acht Jahren in Österreich.

"Mädchen völlig erschöpft"
Eine Rolle bei diesen Aussagen spiele sicher auch der Schock, meinte Ziering. Wichtig sei es daher, sich für eine Entscheidung Zeit zu nehmen. "Das Mädchen ist natürlich völlig erschöpft", berichtete die Sprecherin. Nach der Aufregung brauche die Zehnjährige jetzt vor allem Ruhe. Bis Freitag oder Montag soll die Kleine zur Erholung noch im Spital bleiben. Nach der Entlassung werde sie in einem Krisenzentrum betreut.

Schutzengeln retteten sie
Der Sturz des Mädchens aus dem Fenster am Samstagvormittag wurde von einem Passanten und einem Polizisten abgefangen. Die kleine Bulgarin wurde leicht verletzt und mit Prellungen und einer leichten Gehirnerschütterung ins Spital gebracht. Der Fußgänger erlitt ebenfalls Prellungen. Der 15-jährige Halbbruder der Mutter hatte das Kind knapp drei Stunden alleine in der Wohnung in der Rainergasse eingesperrt. Er hätte während der Arbeitszeit der Frau auf das Mädchen aufpassen sollen. Bisher war die Familie dem Jugendamt nicht aufgefallen.

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