Zwangsehe

Neuer Name
 für das Opfer

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18-Jährige versteckt sich vor Familie. Neue Identität für ein neues Leben.

Nun ist das Opfer also auf der Flucht. So absurd das auch scheinen mag, aber die junge Steirerin, die ihren Vater am 18. Jänner bei der Polizei in Leibnitz wegen der geplanten Zwangsheirat mit einem ihr völlig fremden Albaner anzeigte, muss sich verstecken. Vor ihrer großen Familie, der tyrannische Traditionen wichtiger sind als das Herz einer 18-jährigen Frau.

Ihr Vater Haxhi L. (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) sitzt zwar in U-Haft, dennoch kann Alota (Name von der Red. geändert) mit keiner Unterstützung rechnen – im Gegenteil. „Es ist ein strenges patriarchales System, da gibt es den kleinen Familienkreis, den Klan und dann noch den großen Klan im Kosovo und alle diese Kreise werden von Männern dominiert. Männer, die Widerstand nicht gewohnt sind“, erzählt Marina Sorgo, Geschäftsführerin des steirischen Gewaltschutzzentrums – sie half Alota, den Befreiungsschlag vorzubereiten und ist auch jetzt einer der wenigen, mit denen das Mädchen in Kontakt steht.

Der Code der Killer heißt „Kanun“ – die Blutrache
Und Sorgo weiß auch, was nun auf die bildhübsche Schülerin zukommt: „Der Weg, den sie jetzt gehen muss, ist ein enorm belastender, denn in Wahrheit hat sie bereits ihre Familie verloren. Sie ist auf der Flucht, versucht sich zu verstecken und was sie in Wahrheit bräuchte, wäre eine neue Identität, mit der sie sich ein neues Leben aufbauen könnte“, erklärt Sorgo. In der Wertvorstellung ihrer Familie ist nämlich noch der „Kanun“ verankert – jenes albanische Gewohnheitsrecht, „das Vätern das Töten ihrer Töchter erlaubt“, wenn sie gegen die Familien-Regeln verstoßen.

Zeugenschutz für Blutrache-Opfer
Für Alota besteht somit Lebensgefahr, denn sie ist die Hauptzeugin im Prozess gegen ihren Vater, der am 1. März beginnt. Grund genug, sie ins sogenannte Zeugenschutzprogramm aufzunehmen, das es seit 1999 in Österreich gibt. Wer Zeugenschutz zugesprochen bekommt, wird mit einer völlig neuen Identität ausgestattet: Von einer neuen Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis bis hin zu neuen Schul- und Abschlusszeugnissen. Für die Aufnahme in dieses Programm ist allerdings ein Gerichtsbeschluss notwendig. Der liegt noch nicht vor.

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