Tochter im Interview

"Ich wollte, ich wäre bei ihr gewesen"

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Als Familie Jetzinger erfuhr, dass Gabriele vermisst ist, packten Ehemann und Tochter sofort die Koffer. ÖSTERREICH sprach mit ihnen vor dem Abflug.

Das Taxi wartet schon vor der Tür des Einfamilienhauses am Linzer Froschberg: Helmut Jetzinger und seine Tochter Cornelia packen hastig noch letzte Sachen in die Taschen. "Wenn die Suche ohne Ergebnis abgebrochen wird, starten wir eine private Suchaktion“, will Helmut Jetzinger nicht aufgeben.

Als er und seine 21-jährige Tochter am Linzer Flughafen gestern Vormittag in den Flieger nach Phuket steigen, haben sie noch einen Funken Hoffnung, dass ihre nach dem Schiffsunglück vermisste Ehefrau und Mutter Gabriele doch noch lebend im Meer gefunden wird. Die 51-Jährige, die bis vor Kurzem mit ihrem Mann in Linz eine Zahnarztpraxis betrieb, gilt offiziell noch als vermisst. Doch die Angst ist groß, dass es sich bei der ersten im Meer gefundenen Frauenleiche um die leidenschaftliche Taucherin handelt.

Im Gespräch mit ÖSTERREICH vor der Abreise wird Tochter Cornelia zwischen Hoffnung und Selbstvorwürfen hin- und hergerissen.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie von dem Unglück erfahren?
Cornelia Jetzinger: Am Sonntag, 22 Uhr thailändische Zeit, bekamen ich und mein Vater noch jeder eine SMS von ihr. Sie schrieb mir, dass die Tauchsafari so toll sei. Außerdem bedankte sie sich bei mir, dass ich mich um meinen Vater kümmere. Auf unsere Nachrichten meldete sie sich dann jedoch nicht mehr. Als wir am nächsten Morgen im Teletext von dem Unglück lasen, hatten ich sofort ein mulmiges Gefühl. Wir riefen bei der Botschaft an, wo man uns erst sagte, meine Mutter sei nicht unter den Vermissten. Eine Stunde später kam dann leider die Bestätigung: Sie ist doch dabei.

Ihre Mutter war ganz allein in Phuket?
Ja. Eigentlich sollte ich mit ihr fliegen. Tauchen ist unsere Leidenschaft. Der zweite Tauchgang auf ihrer jetzigen Reise war der 500. meiner Mutter. Diese Reise war eigentlich ein Geschenk zu meinem Geburtstag. Doch ich war wegen meines Studiums verhindert. Mich quält die Frage, ob es was genutzt hätte, wenn ich bei ihr gewesen wäre. Vielleicht hätte ich ihr helfen können. Wir wollen ganz genau wissen, wie das Unglück passiert ist. Schließlich konnten die Kapitäne gerettet werden.

Machen Sie jemandem Vorwürfe?
Nein, so etwas ist Schicksal. Unsere Familie ist vom Pech verfolgt. Ich hatte vor zwei Jahren in Ägypten einen schweren Autounfall, schlimme Verletzungen an der Wirbelsäule. Das war eine harte Zeit – auch für meine Eltern. Jetzt hatte ich mich endlich völlig erholt, konnte vor Kurzem mein Studium beginnen. Meine Eltern haben ihre Praxis aufgegeben, um mehr Zeit für sich zu haben. Und jetzt das!

Haben Sie noch Hoffnung, dass sie lebend gefunden wird?
Die ist sehr gering. Aber solange ich nichts anderes weiß, werde ich mich an den kleinsten Hoffnungsschimmer klammern.

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