Israel-Reise

Faymann fordert Ende von Gaza-Blockade

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Der Kanzler erklärte, Österreich könnte bei Kontrollen aktiv mitmachen.

Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer wirkten gerührt und betroffen. Eben hatten sie in Yad Vashem – der Holocaust-Gedenkstätte – Bilddokumente der Gräueltaten der Nazis gesehen. Als die Namen toter Kinder verlautbart wurden, wischte sich der Kanzler verstohlen eine Träne aus den Augen.

Gestern Mittag war der Kanzler zu seinem zweitägigen heiklen Besuch in Jerusalem eingetroffen – als erster Regierungschef nach der Stürmung der Gaza-Friedensflotte durch Israels Armee. Hier trifft er nicht nur hochrangige israelische und palästinensische Politiker (Außenminister Avigdor Liebermann, Oppositionschefin Tzipi Livni), hier stellt sich Faymann auch der heimischen Geschichte. Zum Abschluss der einstündigen Führung durch Yad Vashem sprach er auf Englisch klare Worte. „Österreich darf nie seine Verantwortung und sein Engagement vergessen, damit das niemals wieder passieren kann.“

Beim abendlichen Termin mit Premier Netanyahu in dessen Residenz sorgt er für eine Überraschung: Der Kanzler lädt Israels Staatschef nach Österreich ein und schlägt ihm Wien als Verhandlungsort für Friedensgespräche zwischen Israel und Palästinensern vor. Heute wird der Kanzler auch Palästinenser Mahmud Abbas nach Wien einladen. Faymann will auch zwischen Israel und Syrien vermitteln.

Österreich als Standort für Friedensgespräche, das gab es seit Bruno Kreisky nicht mehr.

Empfang.
Ebenfalls heute gibt der Kanzler einen Empfang an der österreichischen Botschaft in Tel Aviv, unter anderem für 50 Überlebende des Holocaust. Dort will er an die Grundsatzrede Vranitzkys von 1992 anschließen, „klare Worte gegen Rechtsextremismus“ finden. Faymanns mitgereiste Gäste – Ariel Muzicant, Danielle Spera und Robert Menasse – unterstützen den Kanzler in seiner Haltung. „Das tut den bilateralen Beziehungen gut."

Der israelische Präsident Shimon Peres hat am Donnerstag bei einem Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann (S) an den früheren österreichischen Regierungschef Bruno Kreisky erinnert. Dieser habe sich seinerzeit in der Sozialischen Internationale für eine Aufnahme von PLO-Chef Yasser Arafat stark gemacht. Letztlich habe dieser Versuch einer Einbindung dazu beigetragen, dass Arafat konzilianter geworden sei, meinte Peres sinngemäß. Eine ähnliche Entwicklung sei auch für die radikal-islamischen Kräfte rund um die Hamas im Gaza-Streifen wünschenswert.

ÖSTERREICH: Sie haben nach dem Besuch in Yad Vashem bewegt gewirkt.
Werner Faymann: Es hat mich sehr betroffen gemacht. Es zeigt, dass wir niemals vergessen dürfen. Es darf keine Wand zwischen der Geschichte und heute geben.

ÖSTERREICH: Sie haben keine Grundsatzrede wie Vranitzky gehalten ...
Faymann: Ich teile seine Position: Es gibt keine kollektive Schuld, aber eine kollektive Verantwortung.

ÖSTERREICH: Sie sind auch hier, um zwischen Israel und Palästinensern zu vermitteln ...
Faymann: Ich habe mich sehr eng mit der EU abgesprochen. Wir möchten wieder Bewegung in die Gespräche bringen. Es muss einen Siedlungsstopp und eine Zweistaatenlösung geben. Es muss auch eine Untersuchung der Ereignisse um die Gaza-Flotte und eine Aufhebung der Blockade geben.

ÖSTERREICH: Wie konkret wollen Sie hier helfen?
Faymann: Es gab ja schon einen Beschluss im Hauptausschuss bezüglich einer Beteiligung bei Warenkontrollen nach Gaza. Bislang stellt Österreich im Rahmen der EU dort einen Zöllner, der bei Kontrollen mithilft.

ÖSTERREICH: Streben Sie eine Aufstockung an?
Faymann: Wenn die EU das plant, sollten wir Teil des Ganzen sein.

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