Am Freitag startete Werner Faymann unter 700 Delegierten eine Charmeoffensive hinter den Kulissen. Heute hielt er seine große "Kämpfer-Rede". Darin forderte er von der ÖVP das Finanzressort bei den nächsten Wahlen.
Der SPÖ-Parteitag in Vösendorf hat Werner Faymann als Parteivorsitzenden bestätigt. Der Kanzler erhielt das Vertrauen von 93,8 Prozent der Stimmen. Vor zwei Jahren hatte er kurz vor der Nationalratswahl 98,4 Prozent erzielt.
Durchgewunken wurden die neun Leitanträge, die unter anderem Finanztransaktionssteuer, vermögensbezogene Steuern und ein Bekenntnis zur gemeinsamen Schule enthielten. Etabliert wurde ein Reißverschlussprinzip für Wahllisten, mit dem der Frauenanteil sowohl in den Ländern als auch im Bund angehoben werden soll.
Faymann warnt vor Neoliberalismus
Schon bei der Wahl der
Vorstandsmitglieder durch den Bundesparteitag in Vösendorf kam er auf
beachtliche 95 Prozent. Weitere Detailergebnisse wurden nicht bekannt
gegeben, alle Kandidaten erhielten aber eine deutliche Mehrheit.
Der Bundeskanzler hatte sich zuvor bei seinen Delegierten um eine neue Amtszeit als SPÖ-Vorsitzender beworben. In seinem 45-minütigen Grundsatzreferat beim Parteitag in Vösendorf warnte der Regierungschef ausdauernd vor dem Neoliberalismus und scheute auch Kritik am Koalitionspartner nicht, vor allem was dessen Blockade der Mindestsicherung angeht. Für die SPÖ hätte Faymann gerne den Finanzminister zurück, freilich erst nach der nächsten Wahl.
Beifall von der Basis
Faymanns mehr solide denn mitreißende Rede
fand trotzdem bei den Delegierten ordentlichen Anklang. Vor allem in jenen
Passagen, wo er die SPÖ gegenüber der ÖVP in Position brachte, konnte der
Kanzler lange anhaltenden Beifall des Parteivolks gewinnen, speziell als er
die Volkspartei wegen der Verknüpfung von Mindestsicherung und
Transparenzdatenbank tadelte.

Kritik an VP-Kopf
Ins Visier nahm der SPÖ-Chef da vor allem
VP-Hauptverhandler Karlheinz Kopf: "Solche Leute brauchen wir nicht,
die bei der Armutsbekämpfung eine Krot schlucken müssen."
Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka wiederum geriet ins Kanzler-Schussfeld
wegen seines Feldzuges gegen die ÖBB: "Wir brauchen keinen
Lopatka, um zu wissen, wie die Eisenbahn zu entwickeln ist." Dafür gebe
es in der SPÖ mit Verkehrsministerin Doris Bures und
Eisenbahn-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl Leute, die sich wirklich
auskennen.
Auch Vizekanzler Josef Pröll blieb von Faymann nicht verschont. Dessen Nein zur gemeinsamen Schule sei bald eine "personifizierte Einzelmeinung". Zudem reklamierte der SPÖ-Chef wieder den Posten des Finanzministers für seine Partei - weil man sehe ja, wo man mit ÖVP-Finanzministern hinkomme, wies Faymann auf den Schuldenstand Österreichs hin, der von Pröll sogar in Inseraten der Bevölkerung nahe gebracht werde.
Gegen den Neoliberalismus
Leitmotiv des Faymann-Referats war
freilich der Kampf für Arbeitnehmer-Rechte und gegen den Neoliberalismus: "Es
ist die Zeit für Gerechtigkeit gekommen, weit über unsere Parteigrenzen
hinaus", gab der SPÖ-Chef das Parteitagsmotto wieder. Dass das nicht
einfach wird, versuchte der Kanzler seinen Delegierten mit Blick auf Europa
klar zu machen, gebe es doch in der EU zwei Drittel konservative
Regierungschefs: "Wir sind mit unserer Werthaltung in der Minderheit."
Ungeachtet dessen müsse man sich mit aller Härte ungerechten gesellschaftspolitischen Entwicklungen entgegenstellen: "Wir müssen gegen den Strom antreten", warb Faymann für das geplante europäische Bürgerbegehren zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer: "Die Neoliberalen haben uns lange genug in die Irre geführt. Wir müssen stärker werden als sie."
Ansonsten betonte Faymann einmal mehr bekannte Positionen, so schloss er etwa die Einführung der Studiengebühren aus, auch wenn diese "Schlaumeier" bereits wieder vorbereiten wollten, warb für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sowie für eine Ausweitung der "Neuen Mittelschule". Ausländerfeindlichkeit erteilte der SPÖ-Chef eine deutliche Absage.
Seite 2: Der große Live-Ticker zum Nachlesen: So wetterte Faymann gegen die ÖVP. Und so lobt der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel seinen österreichischen Kollegen.
11:30 Uhr:
An dieser Stelle beenden wir unsere
Live-Berichterstattung. Wir kehren zurück, sobald Faymanns Wiederwahl
ansteht.
11:29 Uhr:
Jetzt beendet der SPD-Chef seine Rede. Er wünscht
der SPÖ alles Gute. "Freundschaft. Glück auf". Faymann
eilt auf die Bühne und bedankt sich.
11:26 Uhr:
Gabriel lobt nun Faymann für sein Engagement in
Europa, insbesondere für das EU-Volksbegehren. Wieder brandet Applaus auf.
11:23 Uhr:
"Schuld an der Krise sind nicht die
Arbeitnehmer, sondern die Zocker an den Börsen und Finanzmärkten".
Klare Worte vom SPD-Chef.
11:21 Uhr:
Gabriel: "Es kann nicht sein, dass bald an
Banken das Schild steht: 'Hier haftet der Staat'". Es könne nicht sein,
dass die Bevölkerung für die Fehltritte der Finanzwelt zahlen müsse. Applaus
brandet unter den SPÖ-Delegierten auf.
11:17 Uhr:
Deutschlands SPD-Chef prangert die internationalen
Finanzmärkte an.
11:11 Uhr:
Gabriel zieht Bilanz von 150 Jahren Sozialdemokratie.
Demokratische Rechte, Frieden, Aufstieg. Dies gelte es zu wahren.
11:10 Uhr:
Nun spricht der Deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er
bedankt sich für die Einladung nach Österreich - und freut sich in einem
Land unter sozialdemokratischer Führung zu sein.
10:54 Uhr:
Nun erhält Josef Cap das Wort. Er legt seinen
Bericht zur parlamentarischen Arbeit vor. Zuvor lobt auch er Faymanns
Kampfrede, bevor er loslegt.
10:53 Uhr:
Jetzt ist Wiens Bürgermeister Michael Häupl wieder
am Wort. Er lobt Faymanns Rede.
10:51 Uhr:
"Wir müssen Erster werden beim Thema
Gerechtigkeit. Miteinander sind wir nicht zu schlagen. Freundschaft".
Der SPÖ-Chef und Bundeskanzler Faymann beendet seine Rede. Die Delegierten
stehen auf, langanhaltender Applaus brandet auf.
10:49 Uhr:
Jetzt kommt Faymann zum Schluss seiner Rede.
10:46 Uhr:
Er fordert die Partei zu mehr Geschlossenheit auf -
zum Durchsetzen der SPÖ-Programme.
10:45 Uhr:
"Wir glühende Demokraten sind immer auf der
Seite der Freiheit gestanden". Faymann ruft nun die Delegierten zum
Kampf "für die gemeinsame Sache" auf.
10:41 Uhr:
Jetzt wird Der SPÖ-Chef nochmal ernst. Er bedauert
die Parteiaustritte, auch unter seiner Führung.
10:39 Uhr:
Klare Ansage: "Keine Studiengebühren".
10:35 Uhr:
"Nicht mit dem Rasenmäher über die
Mittelschicht und die Armen fahren, jetzt ist Zeit für Gerechtigkeit",
so der SPÖ-Chef.
10:31 Uhr:
Thema Bildung: "Die Zukunft Österreichs wird im
Klassenzimmer entschieden": Faymann kritisiert die ÖVP mit ihrer
Ablehnung der ganztätigen Schulform und gemeinsamer Schulen.
10:29 Uhr:
"Wir brauchen keinen Lopatka um zu wissen, wie
die Eisenbahn zu entwickeln ist" - nächste Attacke gegen die ÖVP.
10:26 Uhr:
Lang anhaltender Applaus braust jetzt erstmals auf:
Faymann hatte soeben die ÖVP attackiert - sie tue nichts für die
Armutsbekämpfung.
10:23 Uhr:
Jetzt reitet Faymann eine Attacke gegen den Deutsche
Bank-Chef Ackermann. Eine Bankenabgabe sei angesichts der hohen Gewinne der
Finanzinstitute durchaus angebracht. Ackermann hatte dies verneint.
10:20 Uhr:
"Lobby bilden für die, die nicht von den
Lobbyisten vertreten werden, - das sind wir", so der Kanzler.
10:19 Uhr:
Faymann betont sein Ansinnen, mit den deutschen
Sozialdemokraten eine EU-Bürgerinitiative durchsetzen.
10:15 Uhr:
Der Kanzler prangert die Spekulationsgeschäfte von
Großbanken an. Dagegen müsse man "Aufstehen", so der
Faymann.
10:12 Uhr:
Faymann: "Wir müssen gegen den Strom schwimmen".
Der SPÖ-Chef wettert gegen die "Apologeten des Freien Marktes".
Er prangert soziale Missstände in Europa an, wie die Jugendarbeitslosigkeit.
10:11 Uhr:
Der Kanzler kritisiert jetzt das gegenwärtige
Regelwerk in der Welt: Nicht der Mensch stehe im Mittelpunkt, sondern
Materielles.
10:10 Uhr:
1. Attacke Faymanns geht gegen die Finanzjongleure.
10:09 Uhr:
Faymann beginnt seine Rede. Er zitiert Rosa
Jochmann, die österreichische Widerstandskämpferin und sozialdemokratische
Politikerin. Sie habe sich für die Armen stark gemacht, das sei die
Kernaufgabe der SPÖ.
10:06 Uhr:
Häupl: "Höchstbesetzte Sauna Österreichs"
- Wiens Bürgermeister begrüßt die Delegierten - und reitet gleich die erste
Attacke auf die ÖVP. Die Neuwahlen seien mutwillig von der Volkspartei vom
Zaun gebrochen worden. Jetzt betritt Werner Faymann die Bühne.
10:04 Uhr:
Zuerst aber bittet Laura Rudas Wiens Bürgermeister
Michael Häupl, Gabriele Heinisch-Hosek, und Hans Niessl auf die Bühne. Im
Hintergrund läuft der SPÖ-Spot "Stehen wir auf".
10:02 Uhr:
Die Spannung steigt, gleich betritt Faymann das
Podest und beginnt seine Rede
09:51 Uhr:
Die Delegierten genehmigen die Tagesordnung und die
Kommissions-Besetzung. Dann wird der toten SPÖ-Mitglieder gedacht,
insbesondere Johanna Dohnal, Helmut Zilk und Fred Sinowatz.
09:49 Uhr:
Rudas: "Wir sind mehr als eine Partei, wir sind
eine Bewegung".
09:47 Uhr:
Rudas begrüßt die Minister und SPÖ-Funktionäre - und
Alt-Kanzler Alfred Gusenbauer, der kurz zuvor eingetroffen war.
09:44 Uhr:
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas eröffnet den
Parteitag mit ihrer Rede, sie begrüßt die Delegierten. Sie zitiert
ÖSTERREICH: Faymann wurde als Robin Hood dargestellt - "nicht die
schlechteste Darstellung", so Rudas. Dann begrüßt sie Werner Faymann .
09:42 Uhr:
Es ist sehr heiß in der Event-Pyramide. Viele
Delegierte haben ihre Sakkos ausgezogen. Sie fächern sich mit dem
Programmheft Luft zu.
09:41 Uhr:
Faymann ist vor dem Podest angelangt. Dort scherzt
er mit den Delegierten.
09:36 Uhr:
Eine Musikkapelle sorgt jetzt für Unterhaltung. Sie
spielt Dixie-Lieder - und den ein oder anderen Marsch.
09:33 Uhr:
Faymann ist soeben dezent in den Saal eingezogen,
begleitet von seiner Frau Martina. Er unterhält sich in der sehr heissen
Event-Pyramide in Vösendorf mit den Delegierten.
09:21 Uhr:
Inhaltlich geht es heute vor allem um
Profilschärfung der SPÖ: In den neun Leitanträgen wird unter anderem "vermögensbezogenen"
Steuern, einer Bankenabgabe und einer eingeschränkten Absetzbarkeit von
Manager-Gehältern das Wort geredet. Beschlossen werden soll auch ein
Reißverschluss-Prinzip für die Erstellung von Wahllisten, um den
Frauenanteil in Parlament und Landtagen zu erhöhen.
09:15 Uhr:
Ebenfalls schon da ist Kanzler Faymann. Der SPÖ-Chef
ist noch in einem Nebenraum und wird auf seinen großen Auftritt um ca 10 Uhr
vorbereitet.
09:07 Uhr:
Die SP-Jugend verteilt "Reiche besteuern"-Buttons.
08:58 Uhr:
Wiens Bürgermeister Michael Häupl ist als
einer der ersten hochrangigen SPÖ-Mitglieder angekommen.
08:33 Uhr:
Erste Gäste ziehen in die Event-Pyramide in
Vösendorf ein.
Lesen Sie auf Seite 3: So war Faymanns Charmeoffensive am Freitagabend.
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Charmeoffensive
Küsschen hier, Schulterklopfen dort. Keine
Frage, Werner Faymann startete am Freitag ab 13 Uhr eine Charmeoffensive in
der eigenen Partei: Rund 700 Delegierte versammelten sich in der Pyramide in
Vösendorf zum strictly inoffiziellen Vor-Parteitag mit dem Kanzler. Heute
wird der SPÖ-Chef dann wiedergewählt. Und gibt sich dafür ungewohnt
kämpferisch und kantig. Ein neuer Werner Faymann ist geboren.

Am Freitag hieß es freilich noch: Dampf ablassen. In kleinen Arbeitskreisen
wurden die wichtigsten Themen des heutigen offiziellen Parteitages
vorbearbeitet. Und der rote Vorsitzende schaute bei allen Debatten vorbei
und setzte sich bescheiden in die hinteren Reihen. Ein „Kanzler zum
Anfassen“ eben, war die Devise. Heute wird der Kanzler hingegen hart mit der
„Gier der Manager“ abrechnen.
Bislang größtes Kanzlerfest mit Sigmar Gabriel |
Gegen „Gier der Manager“ und für „Millionärs-Steuer“
Stolz
wird er verkünden, dass die „Bankenabgabe fix“ sei – egal, was manch „ein
abgehobener Banker“ meine. Zudem wird er weiter den „Kampf gegen
Spekulanten“ und für neue Millionärs-Steuern für die Superreichen verkünden.
Die heißen Temperaturen in der Pyramide versuchte der Kanzler bereits
gestern mit einem Witz wegzuwischen: „Ich frage mich, wann ich einen
Sauna-Aufguss machen muss.“
Hauptthema unter den Roten war: Wie die „Mobilisierungsfähigkeit“ der einst schlagkräftigen Partei wieder flottgemacht werde. Lieblings-Feindbild der Sozialdemokraten war freilich neben den „Super-Reichen“ der Koalitionspartner. Die meisten Delegierten beklagten „unfaires Verhalten und Wortbruch“ der ÖVP. Eine SP-Delegierte schrieb dabei Faymann ins Stammbuch: „Bei der Mindestsicherung darfst Du Dich auf keinen Kuhhandel mit der ÖVP einlassen.“ Ein Versprechen, das der Kanzler gerne gab.
Denn die Mindestsicherung – respektive der „Kampf für soziale Gerechtigkeit“
– ist auch ein Schwerpunkt seiner heutigen Rede. Hauptappell des Kanzlers:
„Chancengleichheit für alle Kinder und Menschen in unserem Land.“ Damit wird
Faymann die Herzen seiner Basis wohl wieder für sich gewinnen können.
Faymann: Mit hartem Kurs weit über 80 Prozent |