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ORF-Chef: Grasl will Wrabetz stürzen

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Grasl erklärt: "Ich wünsche mit einen positiven Wettbewerb der besten Ideen für den ORF."

Richard Grasl wird für die Position des ORF-Generaldirektors antreten. Das gab der derzeitige Kaufmännische Direktor am Donnerstag im ORF-Stiftungsrat bekannt. Er wünsche sich "einen positiven Wettbewerb der besten Ideen für den ORF", hieß es in einem ersten Statement von seiner Seite, übermittelt von seiner Büroleiterin.

Offiziell ausgeschrieben wird der Posten des GD am 30. Juni, die Bewerbungsfrist läuft dann bis 28. Juli. Termin für die Wahl ist der 9. August. Grasl gilt als ÖVP-nahe, im Stiftungsrat sitzen 13 ÖVP-Vertreter. Amtsinhaber Alexander Wrabetz, der bereits Ende des Vorjahres angekündigt hatte, wieder zu kandidieren, kann auf die Unterstützung der ebenfalls 13 SPÖ-Räte setzen. Eine Mehrheit im 35-köpfigen Gremium haben damit freilich beide nicht, es gilt, weitere Mitglieder zu überzeugen.

"Zur Kenntnis genommen"

Wrabetz hat die Kandidatur-Ankündigung von Finanzdirektor Richard Grasl "zur Kenntnis genommen", wie er am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten sagte. "Das war ja zu erwarten und sechs Monate intensiv vorbereitet." Er selbst ist für die Wahl im August "zuversichtlich".

Zur weiteren Zusammenarbeit mit Grasl, der ja ab sofort offiziell Gegner ist, meinte Wrabetz nur: Man werde sich bemühen, "fair, sachlich, offen" zu agieren und die Arbeit weiter erledigen, "davon gehe ich aus". Auf atmosphärische Beschreibungen seines Verhältnisses zu Grasl wollte er sich nicht näher einlassen. Auf eine entsprechende Frage, wann ihm dieser mitgeteilt habe, dass er antritt, meinte er nur: "Ich habe die Frau Dr. Lindner (Monika, frühere ORF-Generaldirektorin, Anm.) früher informiert."

Thriller

Damit wird die ORF-Wahl am 9. August zum Thriller: denn der regierende ORF-general Wrabetz und der nun gegen ihn in den Ring steigende engste Partner Grasl haben exakt gleich viele Stimmen fix (nämlich je 15) - und müssen sich nun einen erbitterten Kampf um die unabhängigen Stimmen für die Mehrheit (sie liegt bei 18 Stimmen) liefern.

Reform-Paket

Richard Grasl sagt mit seiner Kandidatur ein umfassendes Reform-Programm an: neue Ausrichtung auf digitale Zukunft, sinnvolles Sparen für mehr Programm-Investitionen, strikte Unabhängigkeit in der Information, ganz neue Organisations-und Personalstrukturen.

ÖVP eröffnet so eine neue Kampflinie in der Koalition

Gleichzeitig wird der aktuelle kaufmännische Direktor Grasl ab heute frontal gegen seinen Noch-Chef Wrabetz antreten. Damit könnte der ohnehin als "Intrigantenstadl" verschriene ORF zum offenen Kampfplatz werden. Während Wrabetz der SPÖ-Kandidat ist, wird Grasl für die ÖVP in den Ring steigen. Mit der eigenen ÖVP-Kandidatur im ORF eröffnet die ÖVP eine neue Kampflinie in der Regierung. Eine Niederlage im ORF könnte für SPÖ-Chef Kern eine Katastrophe und das endgültige Signal für Neuwahlen sein.

Aufholjagd

Bis zu Grasls ansage war Wrabetz Favorit mit einer sicheren Mehrheit. Jetzt beginnt Grasls Aufholjagd um unabhängige Stimmen. Die Frage ist: Schafft er zumindest einen ORF-Betriebsrat? Schafft er Grüne, Neos, die FPÖ, um von den sicheren Stimmen, die er schon hat, auf die 18 notwendigen zu kommen?
 

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