Irritationen

Poststreit überschattet Koalitions-Rechenrunde

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Die Post hat am Samstag neuerlich für Irritationen zwischen den koalitionsverhandelnden Parteien SPÖ und ÖVP gesorgt.

Während die Finanz-Untergruppe hinter verschlossenen Türen eifrig die Vorschläge der Fach-Untergruppen durchrechnete, gingen öffentlich die Wogen über angeblich von SPÖ-Chef und Infrastrukturminister Werner Faymann genehmigte Post-Filialschließungen hoch. Erneute Botschaft des designierten ÖVP-Obmanns Josef Pröll an sein Gegenüber am Tag vor der am Sonntag angesetzten großen Koalitionsrunde: Solche Vorfälle ließen die Volkspartei "wachsam" sein.

Hat Faymann Postamtsschließungen zugestimmt?
Noch im Oktober und damit nicht lange, bevor er per Verordnung jegliche Postamt-Schließung verbot, habe Faymann das Zusperren von 24 Postfilialen genehmigt, schrieb "profil" unter Berufung auf ein internes Post-Papier. Stimmt nicht, entgegnete das Infrastrukturministerium, bestätigte aber, dass eine Zusammenlegung von 25 Filialen mit anderen Standorten bei der Postbehörde Ende Oktober angezeigt wurde. Das Verfahren läuft, "eine Stellungnahme steht noch aus", so das Ministerium, da der Postregulator noch nicht einmal die Wirtschaftlichkeit der betreffenden Standorte überprüfen habe können. Auch der Vorwurf von ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis, wonach Faymann bereits im Frühling über Handlungsbedarf bei der Post informiert worden sei, wurde zurückgewiesen.

"Bin nicht zuständig"
Faymann selbst erklärte darüber hinaus, es handle sich gewissermaßen um Routine: "Immer wieder werden bei der Postbehörde ein paar Filialen eingereicht, wo gesagt wird, wir wollen beginnen, mit den Gemeinden über eine Schließung zu verhandeln." Und "politisch zuständig" sei der Finanzminister, nicht er, so Faymann.

ÖVP: Faymanns Postverordnung "nicht gut"
Der Finanzminister dagegen, nämlich Wilhelm Molterer, sah durch die Vorgänge rund um die Post das Vertrauen in die SPÖ "nicht gerade gestärkt", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Schließlich hatte Faymann den Wunsch-Koalitionspartner schon Mitte der Woche mit seiner Post-Verordnung nachhaltig vergrätzt. Faymanns Vorgehen sei "vom politischen Stil her einfach völlig daneben, rechtlich absolut zweifelhaft und vor allem auch nicht klug", schimpfte Molterer. Und könne auch die Republik teuer zu stehen kommen: Mögliche Schadenersatz-Klagen von Anlegern seien "eine der Fragen, die wir derzeit rechtlich und wirtschaftlich analysieren lassen". SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures rückte indes einmal mehr zur Verteidigung des SP-Kurses in Sachen Post aus: Man dürfe den Schließungsplänen der Post "nicht einfach zusehen", ÖIAG und Postmanagement müssten nun "kreative Ansätze" finden.

Schweigen zu Koalitions-Verhandlungen
So zahlreich die Wortmeldungen von SPÖ und ÖVP zur Post, so schweigsam gab man sich am Samstag zum Fortschritt der Koalitionsverhandlungen. Zum Auftakt der Rechenstunde im Finanzministerium, federführend betreut von Molterer und SP-Finanzsstaatssekretär Christoph Matznetter, wurde nur klar, dass die Fach-Untergruppen offenbar einen langen Wunschzettel vorgelegt hatten: Insgesamt würden ihre Vorschläge noch mehr als die zuletzt kolportierten acht Milliarden Euro kosten, war aus Verhandlerkreisen zu hören. Zu einem Lösungsansatz für die Steuerreform, den beide Parteien als Erfolg verkaufen könnten, war nichts in Erfahrung zu bringen.

Ein Posten auf der Wunschliste: Die Medienförderung für private Anbieter in der Höhe von 20 Millionen, die aus der Rundfunkgebühr kommen soll, die gemeinsam mit dem Programmentgelt erhoben wird. Das ist eines der Ergebnisse der Verhandlungen zur Medienpolitik. Weiters soll der Fernsehfonds soll auf 14 oder 15 Millionen Euro aufgestockt werden. Ebenfalls auf öffentliches Geld hoffen darf der neu zu gründende Presserat, allerdings nur unter der Bedingung, dass alle wesentlichen Titel darin vertreten sind. Die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz geforderte Refundierung der Gebührenbefreiungen hingegen scheint keinen Niederschlag gefunden zu haben.

Koalition lässt an SPÖ und ÖVP kein gutes Haar
Faymann musste sich von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky "Polit-Pharisäer" schimpfen lassen, BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz bezichtigte den SP-Chef der Lüge und forderte seinen Rücktritt. Die Grünen rufen weiterhin nach einer Sondersitzung des Nationalrats zur Post-Causa. Molterer kam mit seinen Aussagen auch nicht gut weg: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vermisste "brauchbare Antworten" zu AUA und Post, das BZÖ sah einen rot-schwarzen Dauerstreit bestätigt, die Grünen kritisierten den ÖVP-Ansatz bei der Steuerreform.

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