ÖSTERREICH

SPÖ-Linke überlegt Kandidatur bei Wahlen

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Ex-Minister Buchinger: "Kandidaten der SPÖ-Linken könnten Vorzugsstimmenwahlkampf führen."

Kanzler Werner Faymann begibt sich morgen mit der SPÖ-Führungsmannschaft nach Bad Tatzmannsdorf ins Krisengebiet Burgenland zur Präsidiumsklausur. Unter dem Motto „Für ein gerechtes Österreich“ überlegen die SP-Spitzen ihre Strategie für das Jahr 2010. Einer wird nicht dabei sein, hätte aber viel dazu zu sagen: Behindertenanwalt Erwin Buchinger, ehemals Sozialminister im Kabinett von Alfred Gusenbauer. Er ist dafür bei der Initiative „SPÖ-Linke“ dabei. Im Interview mit ÖSTERREICH erklärt er, warum die SPÖ einen Linksruck braucht. Die „SPÖ-Linke“ könnte sogar bei Wahlen antreten, so Buchinger.

Eurofighter-Gegner Fußi initiierte die SPÖ-Linke
Ins Leben gerufen wurde die „SPÖ-Linke“ von Rudolf Fußi, dem Initiator des Volksbegehrens 2002 gegen die Eurofighter, das mit 625.000 Unterschriften eines der erfolgreichsten in der Geschichte der Republik war. Im selben Jahr trat Fußi in die Partei ein, in der er jetzt einen Kurswechsel erreichen will. Buchinger geht zwar nicht ganz so hart wie Fußi mit der Regierung Faymann ins Gericht: „Ich glaube, dass die Politik der Bundesregierung bei der Bewältigung der Krise durchaus Erfolge zeitigt.“ Doch „bei Zukunftsthemen, wie Ökologie, soziale Gerechtigkeit, auch in der Asylfrage, hat die SPÖ derzeit kein Angebot“, so Buchinger. Auch schmerzt den Architekten der Mindestsicherung, dass diese mit 730 Euro im Monat um 15 Prozent niedriger ausfällt als geplant.

SPÖ-Linke hat 1.223 Unterstützer auf Facebook
1.223 Unterstützer hat die „SPÖ-Linke“ mittlerweile auf Facebook. „Die Unterstützer kommen aus den Jugendorganisationen, den Gewerkschaften, sehr starkes Interesse gibt es auch bei den Ortsfunktionären“, so Buchinger. Die Positionen der „SPÖ-Linken“ sind durchaus radikal: von Reichensteuer ist ebenso die Rede wie von Verstaatlichung.

ÖSTERREICH: Herr Buchinger, warum wirken Sie bei der SPÖ-Linken mit?
Erwin Buchinger: Ich war schon immer beim linken Flügel der SPÖ, von meiner Jugendzeit an bis zu meiner Tätigkeit als Sozialminister.

ÖSTERREICH: Was läuft denn schief in der SPÖ? Soll sie, wie in der Petition der SPÖ-Linken gefordert, in die Opposition wechseln?
Buchinger: Das unterstütze ich nicht. Aber man muss die SPÖ in der Regierung daran messen, was sie für Arbeitnehmer erreicht. Ich glaube, dass die Politik der Bundesregierung bei der Bewältigung der Krise Erfolge zeitigt. Aber ich vermisse die Zukunftsthemen.

ÖSTERREICH: Das Motto der SPÖ-Präsidiumsklausur morgen ist: „Für ein gerechtes Österreich“. Erwarten Sie sich neue Impulse?
Buchinger: Das Motto ist gut. Es sollten daraus aber konkrete Forderungen abgeleitet werden. Kurzfristig sollten als Erstes das Arbeitslosengeld und die Bezugsdauer dafür erhöht werden. Durch die Krise haben Tausende Menschen ihre Arbeit ohne Schuld verloren.

ÖSTERREICH: Was halten Sie davon, dass sich Burgenlands Hans Niessl als SPÖ-Landeshauptmann so gegen ein Asylzentrum stemmt?
Buchinger: Ich verstehe Niessl, dass er sich nicht dermaßen plump von Fekter überrumpeln lassen will. Insgesamt ist aber klar, dass, wenn es ein solches Zentrum braucht, die SPÖ mehr tun muss, als nur zu jedem Standort Nein zu sagen.

ÖSTERREICH: Die SPÖ-Linke fordert auch Verstaatlichung von Banken und Betrieben, die Massenentlassungen vorbereiten …
Buchinger: Die Krise hat gezeigt, dass die privaten Kapitalgesellschaften ein Vielfaches an Schaden angerichtet haben im Vergleich zur verstaatlichten Industrie. Es muss demokratische Kontrolle in wichtigen Wirtschaftsbereichen geben. Man sollte das nicht tabuisieren. Es ist ja auch für bürgerliche Kräfte kein Problem, wenn dadurch Verluste sozialisiert werden.

ÖSTERREICH: Was erwarten Sie sich von der Steuerarbeitsgruppe der SPÖ?
Buchinger: Es soll nicht nur eine Vermögens­zuwachssteuer geben, sondern an die Substanz gehen. Eine Sonderabgabe für Besserverdienende soll den sozial Schwächeren zugutekommen.

ÖSTERREICH: Wird die SPÖ-Linke bei Wahlen antreten?
Buchinger: Wir sind ein Teil der SPÖ und werden nicht gegen die SPÖ antreten. Aber selbstverständlich besteht die Möglichkeit, dass Kandidaten der SPÖ-Linken einen Vorzugsstimmenwahlkampf führen. Oder dass wir bestimmte Kandidaten unterstützen.

K. Nagele

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