Ungarn-Wahl

Viktor Orban feiert seinen großen Tag

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Der Ex-Premier kehrt wieder an die Spitze der Regierung in Ungarn zurück.

Es ist sein großer Tag geworden, wie er es erwartet hatte. "Danke!", steht in aller Einfachheit auf der Facebook-Seite von Viktor Orban, dessen Partei Fidesz am gestrigen Sonntag bei der ungarischen Parlamentswahl einen Erdrutschsieg verbuchen konnte. Auf der Fidesz-Homepage begrüßt ein Smiley in der Parteifarbe Orange den Besucher. Acht Jahre hatte Orban auf diesen Tag gewartet - und auf die Rückkehr auf den Posten des Regierungschefs, den er schon einmal 1998-2002 bekleidet hatte.

Immer wieder neu erfunden
Der Rechtskonservative ist einer der am längsten aktiven ungarischen Spitzenpolitiker, trotz eines Alters von erst 47 Jahren. Die Geschichte Ungarns seit dem Fall des Kommunismus 1989/90 ist daher auch eine Geschichte dessen, wie Orban sich und seine Partei Fidesz immer wieder neu erfand.

Der 1963 im zentralungarischen Szekesfehervar (Stuhlweißenburg) geborene Orban war bereits während seines Jusstudiums ab Mitte der 80er Jahre politisch aktiv - zunächst am Rande der Legalität im damaligen kommunistischen Regime. Im ganzen Land bekannt wurde der Jungpolitiker dann am 16. Juni 1989, als er bei der feierlichen Wiederbestattung von Imre Nagy, dem Ministerpräsidenten der Revolution 1956, den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn forderte. Ein forscher junger Mann mit ungekämmten Haaren, Dreitagebart und offenem Hemdkragen - in dieser Gestalt zog der damals 26-Jährige in das Bewusstsein der Öffentlichkeit ein.

Von links nach rechts
Orban war einer der führenden Figuren des Bundes junger Demokraten (FIDESZ), einer bunten Truppe von jungen Leuten, die großteils linksliberalen Ansichten zuneigten und sich dezidiert als Jugendpartei profilieren wollten. Sie konnten bei den ersten freien Wahlen 1990 mit 8,9 Prozent ins Budapester Parlament einziehen.Doch Orban dürfte bald erkannt haben, dass diese Linie die Partei nie ganz nach oben bringen würde.

FIDESZ wurde ab Mitte der 90er Jahre inhaltlich immer stärker auf Mitte-Rechts-Kurs gebracht und der Name in Fidesz-Ungarische Bürgerpartei geändert. Orban selbst führte einen radikalen Imagewechsel durch und präsentierte sich nun glattrasiert, im maßgeschneiderten Zweireiher, als bürgerlicher Familienvater seiner wachsenden Kinderschar und frommer Christ.

Mit 35 Ministerpräsident
Mit dieser neuen Linie konnte Fidesz neue Wählerschichten erschließen, zumal andere konservative Parteien weitgehend bedeutungslos geworden waren. Bei der Wahl 1998 stellte sich die "Bürgerpartei" Fidesz bereits als selbstbewusster Gegner den regierenden Sozialisten (MSZP) entgegen. Die Rechnung ging auf und Orban wurde mit nur 35 Jahren Ministerpräsident.

Doch die immer schärfere Rhetorik seiner Regierung, die sogar die Zugehörigkeit des politischen Gegners zur Nation in Abrede stellte und wenig Berührungsängste mit dem rechten Rand zeigte, sorgte für eine starke Polarisierung zwischen Links und Rechts in der Bevölkerung. 2002 war es dann wie ein Schock für Orban, als das Bündnis zwischen Sozialisten und Liberalen (SZDSZ) sich durchsetzen und eine Regierung bilden konnte - obwohl Fidesz nach wie vor die stärkste Einzelpartei im Parlament stellte.

Proteste als Chance
Mit der Gründung eines Netzwerks von sogenannten Bürgerkreisen versuchte Orban, die Basis besser zu mobilisieren und den Druck auf die Sozialisten aufrechtzuerhalten. Doch 2006 scheiterte er bei der Wahl abermals gegen den selbstbewusst auftretenden MSZP-Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany. Als im Herbst 2006 durch die Veröffentlichung von Gyurcsanys "Lügen-Rede" dann ans Licht kam, dass die MSZP die Wahrheit über die Lage des Landes verheimlich hatte, brachen in Budapest gewalttätige Proteste aus. Orban sah seine Chance gekommen, er befand sich allerdings in der Zwickmühle: Während er der Regierung jegliche demokratische Legitimierung absprach, konnte er sich auch nicht auf die Seite von Gewalttätern und Extremisten stellen - allein schon mit Blick auf die Mitgliedschaft von Fidesz in der Europäischen Volkspartei.

So dauerte es für Orban weitere vier Jahre, bis er am 11. April 2010 endlich am Ziel war: Er kann nun wieder Regierungschef Ungarns werden, und das sogar an Spitze einer Fidesz-Alleinregierung mit überwältigender Mehrheit im Parlament. Orban hat in jüngster Zeit seine Sprache deutlich gemäßigt und präsentiert seine Partei als "vernünftige" Alternative sowohl zu den von Korruptionsskandalen gebeutelten Sozialisten, als auch zur rechtsradikalen Rhetorik des Aufsteigers Jobbik. Allerdings übernimmt der fünffache Familienvater und passionierte Freizeitfußballer kein leichtes Erbe. Ungarn hat schwer unter der Wirtschaftskrise 2008/09 gelitten. Ebenso bleibt die Frage, ob es ihm gelingt, nach dem Zusammenbruch der Linken in Ungarn eine Versöhnung in der bisher politisch stark polarisierten Gesellschaft herbeizuführen.

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