Berlusconi zieht an

Italien verschärft Einwanderungs-Politik

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Rom verschärft den Kampf gegen illegale Einwanderung. Die UN üben Kritik.

Mit einigen Tricks und gleich drei Vertrauensabstimmungen bringt Silvio Berlusconi seine im In- und Ausland umstrittene Ausländer- und Flüchtlingspolitik über die Hürden des Parlaments. In Zukunft darf es in Italien Bürgerwehren geben, um die Kriminalität in den Städten einzudämmen, für die viele Italiener illegale Ausländer verantwortlich machen. Der Aufenthalt von Flüchtlingen in Abschiebelagern kann auf sechs Monate verlängert werden. Für eine Aufenthaltsgenehmigung werden künftig bis zu 200 Euro fällig - das sind einige der Normen, die von der Opposition und vielen Medien als "ausländerfeindlich" angeprangert werden.

Kritik auch aus den eigenen Reihen
Der konservative Regierungschef musste zur Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus greifen, weil das Gesetz zuvor durchgefallen war. Gegenwind kam auch aus den eigenen Reihen. Nun war der Ausgang der Abstimmung am Mittwoch und Donnerstag gesichert, denn die rechte Koalition in Rom verfügt über eine klare Mehrheit und wollte ihre Macht nicht auf Spiel setzen.

Die Flüchtlingspolitik Italiens war in den vergangenen Monaten international wiederholt heftig kritisiert worden. "Die Kriminalisierung der Migranten" drohe die bereits sichtbaren "fremdenfeindlichen Tendenzen zu verstärken", hatte noch vor knapp einem Monat der Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, gewarnt und sich besorgt über die Zwangsrückführung von Einwanderern nach Tunesien geäußert.

UNHCR warnt
Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) sprach am Dienstag von einer "Gefährdung des Asylrechts", nachdem erstmals Hunderte von Bootsflüchtlingen direkt nach Libyen abgeschoben worden waren, bevor sie einen Fuß auf italienischen Boden setzen konnten. Schon 2008 hatten geplante Maßnahmen gegen die Einwanderung von Roma aus Rumänien EU-intern Kritik provoziert.

Das neue "Gesetz zur Sicherheit" verpflichtet Staatsbeamte auch, Illegale bei der Polizei anzuzeigen. Damit würden "Grundrechte der Ausländer" gefährdet, sie dürften "nicht mehr eingeschult werden, zum Arzt gehen oder heiraten", protestierten Linke am Mittwoch bei einer Kundgebung vor dem Parlament. Ärzteverbände bezeichneten die Regelung als "unverantwortlich" und "gegen den Hippokratischen Eid, und Medien berichteten über Ausländer, die sich bereits aus Angst zu spät oder gar nicht behandeln ließen. Heftig kritisiert wurde auch die Androhung von Gefängnis für Italiener, die an Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung vermieten.

Hilfsorganisationen und Mitglieder der Opposition beklagten die Ahndung der illegalen Einwanderung mit Geldstrafen von 5.000 bis 10.000 Euro und die "gefährliche" Regelung, Neugeborene nicht registrieren zu können. Damit würden "unsichtbare Kinder geschaffen". Italien sei auf dem Weg "zurück in die Barbarei", sagte Luca Volonte der christdemokratischen Partei UDC. Das nennt Innenminister Roberto Maroni von der ausländerfeindlichen Lega Nord ein "Ammenmärchen der Opposition" und eine Fehlinterpretation des Textes.

Bürgerwehren sollen kommen
Der verlängerte Aufenthalt in den Lagern und ihre Umwandlung in Abschiebelager sowie die Legalisierung von Bürgerwehren waren bereits Ende Februar per Eilverfahren von der Regierung verabschiedet worden. Das Dekret war jedoch nach 60 Tagen abgelaufen, bevor es vom Parlament abgesegnet werden konnte. Zuvor waren auf mehrere schockierende Vergewaltigungen in Großstädten mehrere Fälle von gewalttätigem Rassismus und unkontrollierter Selbstjustiz vonseiten aufgebrachter Italiener gefolgt. Die Regierung hatte damals Proteste mit dem Argument gekontert, die "Wogen glätten" und "Selbstjustiz vermeiden" zu wollen. "Spätestens bis Ende Mai" soll das Gesetz nun auch endgültig durch den Senat gebracht werden.

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