Der Börsencrash in New York jährt sich zum 80. Mal - Die Große Depression dient als Mahnung für die derzeitige Krise.
Nach diesem Tag vor 80 Jahren blieb nichts mehr, wie es einmal war. Am 24. Oktober 1929, dem "Schwarzen Donnerstag", brachen an der New Yorker Wall Street plötzlich die Aktienkurse ein. Die Börsenpanik erfasste die ganze Welt. Sie stürzte Millionen in Hunger und Armut, trieb Menschen in den Selbstmord, trat die Weltwirtschaftskrise los und ebnete den Weg zu politischer Radikalisierung. Der Crash wurde zum Inbegriff der Wirtschaftskatastrophe - und für Ökonomen von heute zum mahnenden Beispiel dafür, wie panisches Gegensteuern eine Krise ungewollt verschlimmert.
Dow brauchte 20 Jahre, um Verluste auszugleichen
Die Menschen konnten sich im Oktober 1929 keinen Begriff von der Tragweite der Krise machen, die vor ihnen lag. Der 90-jährige John D. Rockefeller, der reichste Mann seiner Zeit, investierte schon wenige Tage nach dem Kurssturz in neue Aktien. "Depressionen kommen und gehen", sagte der Krösus. Es war eine verhängnisvolle Fehleinschätzung. Der Dow-Jones-Index stürzte immer weiter, bis er im Juli 1932 fast 90 % seines Wertes verloren hatte. Es sollte mehr als 20 Jahre dauern, ehe er wieder den Stand von vor der Krise erreichte.
Auf den ersten Blick fallen Parallelen auf zwischen der großen Depression nach 1929 und der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise, die mit dem Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers im September 2008 begann. Am Beginn beider Krisen stand das Platzen einer Spekulationsblase, Banken gerieten in Schieflage, der Kreditfluss kam ins Stocken, die Produktion brach ein - jene der deutschen Industrie lag im April 2009 dramatische 25 % unter dem Wert des Vorjahres.
Die Krise in den Jahren nach 1929 wurde zur Extremerfahrung, der sich kaum ein Bürger entziehen konnte. Der US-Ökonom John Kenneth Galbraith, einer der großen Experten für die Krise, urteilte: "Das Einzigartige am großen Crash von 1929 war, dass die Spirale nach unten kein Ende nahm". Die Krise habe "das Leiden maximiert und dafür gesorgt, dass so wenige Menschen wie möglich dem allgemeinen Elend entkommen konnten".
Verheerende Folgen der Krise
Die weltumspannenden Folgen der Krise waren verheerend. In den USA erreichte die Arbeitslosigkeit 25 %. Er herrschte blanke Not, die Menschen verarmten. Die Goldenen Zwanziger in den USA, das zeigte sich nun, waren auf Pump finanziert. Faule Kredite lasteten auf den Banken, Geldhäuser brachen zusammen, das Wirtschaftsleben kam zum Stillstand.
Die Menschen verloren den Glauben in die Marktwirtschaft. In seinem Romanklassiker "Früchte des Zorns" von 1939, einer Chronik der Depression, lässt der US-Literat John Steinbeck ein namenloses Opfer sinnieren: "Die Banken sind Monster. Menschen haben es geschaffen, sie können es aber nicht kontrollieren."
Dass sich der Börsencrash von 1929 zu einer Depression auswuchs, führen Ökonomen vor allem auf eine dramatische Fehlreaktion bei der Krisenbewältigung zurück. Die Regierungen setzten auf einen eisernen Sparkurs und brachen der Konjunktur durch eine Verknappung des Geldes vollends das Rückgrat. Hinter der Sparpolitik stand die traumatische Erfahrung der deutschen Inflation von 1923.
In der derzeitigen Krise hatten die Staaten daraus gelernt: Die Zentralbanken überschwemmten weltweit die Märkte mit frischem Geld - und nahmen damit das Risiko einer späteren Inflation in Kauf. Der geistige Vater dieser Politik ist US-Zentralbankchef Ben Bernanke, einer der führenden Erforscher der Krise nach 1929. Dass die Mahnung aus der Vergangenheit seine Entscheidungen beeinflusste, verriet er kürzlich in einer Rede: "Ich wollte nicht als der Zentralbank-Chef in die Geschichte eingehen, der über die zweite große Depression zu wachen hat."