Vor neuen Gesprächen

Athen zeigte sich kompromissbereit

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Brüssel und IWF dagegen streiten noch über Kompromissvorschläge.

Die womöglich entscheidenden Krisengespräche zwischen Griechenland und seinen Gläubigern sind am Samstag in Brüssel fortgesetzt worden. Nach Angaben eines EU-Vertreters ist der Ausgang völlig offen, die Verhandlungen könnten deshalb mehrere Tage dauern. Vor Beginn des Treffens signalisierte Ministerpräsident Alexis Tsipras Kompromissbereitschaft.

Tiefe Spannungen
Überschattet wurden die Gespräche einem Zeitungsbericht zufolge allerdings von tiefen Spannungen zwischen der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Tsipras schickte ein Verhandlungsteam nach Brüssel, das dort einen neuen Vorschlag präsentieren sollte. Ihm gehörte auch Nikos Pappas an, die rechte Hand des griechischen Ministerpräsidenten. Athen werde die "Herausforderung annehmen", um zu einem realisierbaren Abkommen mit seinen Geldgebern zu gelangen - auch wenn das einen "schwierigen Kompromiss" bedeute, sagte Tsipras nach Regierungsangaben am Freitagabend bei einem Treffen mit Mitarbeitern. Einziges Ziel der Regierung sei es, "die Krise zu beenden" und aus der "Unterwerfung" unter das Spardiktat auszusteigen.

An den Gesprächen mit der griechischen Delegation nahmen Vertreter von IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) teil. Die Gläubiger hatten Athen in der vergangenen Woche Konditionen für die Auszahlung zurückgehaltener Hilfskredite in Höhe von 7,2 Milliarden Euro genannt. Tsipras wies die Vorschläge als "absurd" zurück, seine eigenen Pläne wurden wiederum von Brüssel als unzureichend abgelehnt. Nun wurden neue Reformvorschläge erwartet.

Zeit drängt

Für Athen drängt die Zeit enorm: Gelingt in den kommenden Tagen kein Durchbruch, droht die Pleite. Ende des Monats läuft das Hilfsprogramm aus, außerdem müssen insgesamt 1,6 Milliarden Euro an Krediten an den IWF zurückgezahlt werden. Am kommenden Donnerstag tagen die Euro-Finanzminister, die einen möglichen Kompromiss absegnen müssten.

Zu den kniffligsten Punkten bei den monatelangen Verhandlungen gehören Fragen zur Pensionsreform und zur Reform der Mehrwertsteuer in Griechenland. Die Geldgeber wollen außerdem für dieses Jahr ein Haushaltsplus vor Zinszahlungen und Schuldentilgung von einem Prozent. Athen beharrte aber zuletzt auf einem Primärüberschuss von nur 0,75 Prozent. Einem Bericht der Finanzzeitung "Naftemporiki" vom Samstag zufolge könnte sich Athen nun auf 0,9 Prozent einlassen.

Diskussion über Staatspleite
Wegen der festgefahrenen Situation hatten die Euroländer am Donnerstag erstmals offiziell über den Fall einer Staatspleite Athens beraten. Aus Verdruss über die anhaltenden Differenzen waren zudem die IWF-Vertreter aus Brüssel abgereist.

Finanzminister Giannis Varoufakis rief in der BBC zur Ausarbeitung einer Lösung auf, die Vorteile für beide Seiten habe. Es müsse ein Abkommen gefunden werden, das "nicht auf dem Szenario einer Spaltung" der Eurozone fuße. Sein Stellvertreter Dimitris Mardas äußerte sich zuversichtlich zu den Gesprächen. "Wir werden ein Abkommen haben", sagte er dem TV-Sender Skai. Die Tatsache, dass eine griechische Delegation nach Brüssel reise, sei ein "gutes Omen".

Große Skepsis

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" herrschte auf Seiten der Kommission aber große Skepsis, ob eine Einigung noch möglich sei. Wie die "FAS" aus dem Kreis der Unterhändler erfuhr, stellt sich der IWF gegen einen in den vergangenen Tagen vorbereiteten Kompromiss. Dieser sah demnach vor, dass Athen Kürzungen bei kleinen Pensionen aufschieben könnte, wenn es im Gegenzug seine Militärausgaben um den gleichen Betrag vermindert. Laut "FAS" geht es um 400 Millionen Euro.

Nach Informationen der Zeitung hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dem griechischen Regierungschef den Vorschlag unterbreitet, offenbar mit Billigung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Francois Hollande. Der IWF akzeptiere keine Tauschgeschäfte dieser Art, sagte nun ein Unterhändler der "FAS". Tsipras hatte eine Kürzung der staatlichen Zuschläge auf niedrige Pensionen in allen Gesprächen dieser Woche kategorisch ausgeschlossen.

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